Transhumane Zukunft
Die Science-Fiction-Filme zeigen häufig Elemente, die sich nach und nach der Realität annähern. Einige von euch kennen vielleicht die ZDF-Dokumentation von 1972. Sie zeigt manche Vorstellungen der Zukunft, die es heutzutage nicht gibt, aber auch andere Sachen, die sich in gewisser Weise entweder bereits im Alltag integriert haben oder deren technische Entwicklung zumindest schon auf diesem Stand ist. Zukunftsvisionen, die teilweise nunmehr keine Vision mehr sind. Die Filme Terminator und I,Robot dürften wohl fast jedem bekannt sein: Roboter mit künstlicher Intelligenz. Eine erschreckende Fiktion, die glücklicherweise noch nicht so weit ist. Vor heutigen intelligenten Staubsaugern, Roboterhunden, etc. brauchen wir zumindest noch keine Angst haben. Doch wie ist es in die umgekehrte Richtung? Menschen, die zunehmend mechanisiert werden. Im Endeffekt auch eine Entwicklung Richtung Cyborg. Dass dies keine reine Zukunftsvision ist, hat Square Enix bereits in der Eyeborg-Dokumentation gezeigt. Auch wenn es als Werbung fürs Spiel gedacht ist, zeigt es, dass der Einsatz von intelligenten Prothesen Realität ist.
Genau um diese Thematik geht es in Deus Ex: Human Revolution. Die Firma Sarif Industries stellt Implantate und Prothesen her. In erster Linie eine wichtige Hilfe für diejenigen, die ihre Extremitäten verloren haben oder nicht sehen können. Eine Grenze gibt es jedoch nicht, sodass diese sogenannten Augmentierungen auch für Optimierungen sorgen: Schneller Laufen oder gar implantierte Waffen. Der Weg zum Supersoldat. Ethische Grenzen scheint es hierbei nicht zu geben. Doch die Implantate haben auch Nebenwirkungen. Als Gegenmittel müssen die Menschen Neuropozyn nehmen, eine gefährliche und suchterzeugende Droge, die dermaßen teuer geworden ist, dass sich nicht jeder das Mittel leisten kann. Dies kann zur Abstoßung der Augmentierungen führen – eine schreckliche Vorstellung. Als wäre das nicht schlimm genug, arbeitet Sarif Industries auch für die Regierung und experimentiert an militärischen Augmentierungen. Als wäre das nicht alles … doch weitere Details erspare ich mir, um nicht allzu sehr zu spoilern.
Die Story von Deus Ex: Human Revolution spielt im Jahre 2027. Adam Jensen ist einer der Sicherheitsberater von Sarif Industries, die ihren Sitz in Detroit haben. In der Rolle von Adam Jensen geht das Spielgeschehen als ganz normaler Mensch im Büro von Megan Reed los. Sie ist nicht nur Wissenschaftlerin in dem Unternehmen, sondern auch Adams Freundin. Nachdem ich etwas im Büro herumschnüffeln durfte, heißt es erst mal nur zusehen, wie Adam und Megan durch die Räumlichkeiten gehen und sich unterhalten. Die Ansichten der beiden hinsichtlich der Augmentierungen sind ziemlich unterschiedlich. Adam hält nicht viel von den unnötig erscheinenden Entwicklungen, die dem normalen Bürger nicht gerade nützen.
Angekommen im Sarifs Büro wird ein Alarm ausgelöst. Endlich darf ich die Steuerung von Adam übernehmen, welcher ein ganz normaler Mensch ist – ohne Implantate oder irgendwelche besonderen Fähigkeiten. Es folgt ein eher kurzer tutorialartiger Abschnitt, der die grundlegende Steuerung näher bringt. Detaillierte Erklärungen zum Spielsystem gibt es auch im späteren Spielverlauf. Ein Munitionslimit gibt es nicht und auch der Widerstand ist selbst auf der schwierigsten Stufe zu diesem Zeitpunkt nur eine mäßige Herausforderung. Am Ende des Abschnitts wird Adam durch eine dicke Glasscheibe geworfen und wird dabei lebensgefährlich verletzt. Obwohl Adam stets gegen die Transhumanisierung war, erwacht er etwas später mit Augmentierungen – sie wurden nach dem Vorfall ohne seine Zustimmung und mit ziemlicher Sicherheit auch gegen seinen Willen implantiert. In seinem Zustand war es aber auch nicht mehr möglich, ihn nach seiner Einverständnis zu fragen.
Stärke durch Augmentierungen
Mit diesem Ereignis beginnt die Story des Spieles erst richtig. Sechs Monate darauf nimmt Adam Jensen wieder seine Arbeit bei Sarif Industries, um sich auf die Jagd nach denen machen, die Verantwortlich für den Überfall sind. Ausgestattet mit einigen Grund-Augmentierungen hat er jetzt eine Netzhaut-HUD, ein im Schädel implantiertes Kommunikationssystem und Radar, eine kybernetische Armprothese sowie Implantate im Rumpf für die Regeneration der Gesundheit sowie das Energiesystem. Dies ist erst mal das Starter-Paket, welches noch keine großartigen Besonderheiten bietet.
Die Auswahl der Augmentierungen, die im Laufe des Spieles freigeschaltet werden können, ist recht groß. Tarnsystem, bessere Panzerung, Sozialoptimierer, Vorteile beim Hacken, kybernetische Beinprothese und noch vieles mehr. Gerade am Anfang hatte ich die Qual der Wahl: „Wofür entscheide ich mich jetzt nur?“. Denn die Auswahl kann entscheidend für die weiteren Vorgehensweisen sein. Möchte ich die Missionen absolvieren ohne entdeckt zu werden, kann beispielsweise das Tarnsystem sehr sinnvoll sein. Dieses ermöglicht, für einige Sekunden unentdeckt zu bleiben. Möchte ich hingegen mithilfe von Adams Sozialkompetenz versuchen weiterzukommen und relevante Personen zu überzeugen, ist auch der Sozialoptimierer sinnvoll, um die Angelegenheit etwas zu vereinfachen. Um andere Wege nutzen zu können, die hinter Mauern langführen oder durch schwere Kisten versperrt sind, bedarf es einer Verbesserung der Armprothese. Zwingend notwendig sind eigentlich keine der Augmentierungen, einige davon aber äußerst empfehlenswert. Wer im späteren Verlauf keine guten Hack-Fähigkeiten hat, macht sich unter Umständen das Leben unnötig schwer. Welche Erweiterungen zu welchem Zeitpunkt gewählt werden, ist aber eine Sache der eigenen Spielweise. Ein Optimum gibt es nicht.
Um in den Genuss der transhumanen Vorteile zu gelangen, brauche ich jedoch sogenannte Praxispunkte. Diese kann ich entweder käuflich erwerben, durch das Finden versteckter Praxiskits sammeln oder als Belohnung für ausreichend Erfahrungspunkte erhalten. Alle möglichen Augmentierungen hat Adam theoretisch schon, sie müssen mithilfe der Praxispunkte lediglich aktiviert werden. Dies bleibt jedoch dauerhaft. Es ist nicht möglich eine Fähigkeit zu deaktivieren und dann etwas anderes auszuwählen. Die Aktivierung erfolgt in einem übersichtlichen Menü, bei denen die Fähigkeiten einzelner implantierten Augmentierungen in einer baumähnlichen Struktur dargestellt sind. So sind direkt Upgrade-Möglichkeiten und Abhängigkeiten zu sehen.
Teilweise ist der Einsatz dieser futuristischen Hilfsmittel jedoch ein so enormer Vorteil, dass die Wirkung auf jeden Fall eingeschränkt werden muss, damit es nicht schon wieder zu einfach wird. Entscheide ich mich für das Tarnsystem, bleibe ich zwar unsichtbar. Aber sobald ich anfange herumzuschießen oder krach zu machen, fliegt meine Tarnung auf. Für letzteres gibt es eine weitere Augmentierung, welche dafür sorgt, dass ich selbst lautlos herumspringen oder sprinten kann. Eine wirkliche Einschränkung ist dann bei einigen Fähigkeiten, dass Energie benötigt wird. Sobald die Energie aufgebraucht ist, kann ich die betroffenen Augmentierungen nicht mehr nutzen und muss warten bis ich es wieder aufgeladen ist. Hierbei gibt es mehrere Energiebalken, wobei sich nur der zuletzt angebrochene automatisch auflädt. Habe ich also drei Energiebalken zur Verfügung und verbrauche alles in einem Rutsch auf, lädt sich nur noch der letzte Balken auf. Verbrauche ich den dritten Balken nur zum Teil, wird es komplett aufgeladen. Um die anderen wieder zu füllen, gibt es viele Energie-Riegel im Spiel.
Trotz der großen Auswahl, bin ich persönlich mit dem Angebot eher unzufrieden. Zwar habe ich die freie Wahl, doch bei vielen Sachen davon, bin ich im Endeffekt gezwungen eine bestimmte Auswahl zu treffen. Bei einigen ist schon fast offensichtlich, dass diese zwar nett sind, aber nicht wirklich erforderlich – egal bei welchem Spielstil. Zum späteren Verlauf gibt es kaum mehr Möglichkeiten zum eigenen Spielstil passende Upgrades zu wählen, sondern hat dann nur noch die „Nice to have“-Angebote zur Auswahl. Dies hat zwar den Vorteil, dass man sich später nicht mehr allzu schwer tut, eine passende Wahl zu treffen, aber auf der anderen Seite auch den Nachteil, dass es kaum mehr lukrativ ist und die Praxispunkte am Ende einfach verteilt werden, ohne dass sie vielleicht wirklich genutzt werden. Mehr Fähigkeiten oder größere Upgrade-Bäume wären wünschenswert gewesen.
Spielerische Freiheit
Eines, was das Gameplay von Deus Ex: Human Revolution auszeichnet, ist die große Entscheidungsfreiheit. Im Grunde darf ich bei jedem Auftrag selbst entscheiden, wie ich vorgehen möchte. In einigen Situationen ist es mir einfach danach, die schönen zur Verfügung stehenden Waffen auszunutzen und alle Feinde abzuknallen. Darf ich auch. Genauso gut habe ich aber auch meine sozialen Fähigkeiten nutzen, um relevante Personen einfach zu überreden. Oder ich gehe den Menschen komplett aus dem Weg und schleiche mich unbemerkt vorbei. Dafür kann ich schauen, ob ich geheime Zugänge finde, irgendwo ein Loch in die Wand schlagen kann, ein Zugangscode finde oder einfach eine Tür hacke. Nicht an jeder Stelle steht mir das volle Repertoire an Lösungswegen zur Verfügung, doch fast immer gibt es zumindest mehr als nur einen Weg. Jederzeit frei wählen können ohne sich dabei für einen festen Spielstil zu entscheiden, das ist wirklich gut.
Ein kurzes Beispiel dafür bot auch schon der Vorschau-Artikel von Deus Ex: Human Revolution. Dort gab es eine Mission in einer Polizeistation, welche mithilfe von Überredungskünsten, das Betreten durch einen Seiteneingang und anschließendem Schleichen sowie mit Waffengewalt absolviert werden konnte. Ein weiteres Beispiel ist ein Nachtclub. Wer am Anfang gründlich ein Hotel durchsucht, findet eine Mitgliedskarte, mit der er ohne Probleme vom Türsteher durchgelassen wird. Zweite Möglichkeit wäre es, den Türsteher einfach zu bestechen. Doch wer will dafür schon seine wertvollen Credits opfern, wenn es auch noch einen dritten und vierten Weg gibt: Durch die Seitengasse und dort entweder durch einen Schacht hinein oder gar durch die Kanalisation. Wären somit insgesamt sogar schon vier gewaltfreie Alternativen.
Eine gewaltfreie Lösung gibt es fast immer, aber hin und wieder ist es auch einfacher, mal einfach für die Kampfunfähigkeit eines Gegners sorgen. Dabei kann das Spiel durchgespielt werden, ohne jemanden zu töten, wofür es sogar einen Erfolg gibt. Boss-Kämpfe sind von dieser Regelung ausgenommen. Somit eine weitere Besonderheit im Action-Genre. Sowohl im Nahkampf als auch bei Angriffen mit normalen Waffen gibt es immer eine Unterscheidung zwischen tödlich und nicht tödlich. Im Nahkampf schlage ich dabei beispielsweise die Gegner nur K. O. anstatt ihnen das Genick zu brechen oder mit den Augmentierungen aufzuspießen, während ich beim Schusswechsel auf Betäubungsmunition oder Elektroschocks zurückgreifen kann. Die KI kann aber bewusstlose Personen wieder aufwecken, weshalb die Körper gut versteckt werden sollten – oder einfach dafür gesorgt wird, dass keiner mehr bei Bewusstsein ist, der ihn finden könnte.
Doch leider schränkt Eidos diese Freiheit in gewisser Weise auch ein bzw. lenkt auf gewisse Weise in eine bestimmte Richtung. So gibt es für das Töten weniger Erfahrungspunkte. Einerseits verständlich, schließlich sollen die Spieler damit einen weiteren Anreiz haben, andere Wege auszuprobieren als einfach nur eine fette Wumme in die Hand zu nehmen und sich von Mission zu Mission zu ballern. Trotzdem etwas schade, wenn es für den tendenziell schwierigeren Weg weniger Erfahrungspunkte gibt. Wofür also so viele Waffen, wenn diese dann kaum genutzt werden? Auf der anderen Seite wird der Nahkampf hingegen auch nicht großartig gefördert, denn ohne Energie ist es nicht möglich, den Gegner niederzuschlagen. Besonders ärgerlich, wenn die Munition leer ist. In den meisten Shootern brauchen die Spieler keine Implantate, begrenzte Energie oder sonst was, sondern können ihr Gegenüber jederzeit eines auf die Nuss hauen oder mit dem Messer angreifen. Und nun? Messer, Brecheisen, Schlagstock? Fehlanzeige. Entweder Waffen, die Munition benötigen, oder die Schläge mit der kybernetischen Armprothese, die Energie benötigen.
Auch die gut gemeinten Steam Achievements sorgen noch mal für den gleichen Effekt und fördern eher eine unentdeckte Vorgehensweise, bei welcher niemand getötet wird. Denn nur damit sind alle Errungenschaften erreichbar. Lediglich ein einziger Erfolg stellt eine Ausnahme dar und erfordert ein aggressiveres Handeln. Wer alles beim ersten Mal schaffen möchte, der entscheidet sich daher unter Umständen von Anfang an für die gewaltlose Spielweise und lädt bei der angesprochenen Stelle einfach noch mal den Spielstand neu. Doch auf der anderen Seite haben insbesondere diejenigen, die gerne Erfolge beim Spielen sammeln, einen zusätzlichen Anreiz das Spiel dann auch ein zweites Mal durchzuspielen, um dann eher unbemerkt vorzugehen.
Keine offene Spielwelt
Durch die lineare Story ist auch der Ablauf der einzelnen Missionen grob vorgeschrieben. Die Freiheit ist aber auch hier noch recht groß, da ich in den Städten häufig selbst entscheiden kann, in welcher Reihenfolge ich die Aufgaben erfüllen möchte. Außerdem gibt es noch einige Sekundärmissionen, die ich erfüllen darf, aber nicht muss. Nur bevor ich eine Stadt verlasse, muss ich mich entschieden habe. Verlasse ich die Stadt, werden nämlich alle noch offenen Aufträge abgebrochen und können bei einer eventuellen Rückkehr in die Stadt nicht mehr ausgeführt werden.
So schön das mit den Städten auch klingen mag … leider gibt es im Endeffekt nur Detroit und Hengsha. Letztere ist keine fiktive Stadt, sondern eine Insel in der Nähe von Shanghai und bei Google Maps als Hengshaxiang zu finden. In den beiden Städten darf ich mich frei bewegen, um dort nach Nebenmissionen oder geheimen Abschnitten zu suchen. Und das lohnt sich allemal, da dort nicht nur nette Waffen, Praxiskits oder Credits abgestaubt werden können, sondern auch weitere Informationen zur Story zu finden sind. Über das gesamte Spiel gibt es immer wieder E-Mails oder E-Books zu lesen. Bei den Mails gibt’s viel Schwachsinn, darunter auch Spammails, aber auch nützliche Informationen, wie Passwörter oder Türschlosskombinationen zu finden. Darüber hinaus bieten die Informationsmedien auch viele zusätzliche Details über die Story sowie über Adam Jensen selbst. Für lesefaule Menschen nicht unbedingt optimal, doch wer möglichst viel über die Geschehnisse herausfinden möchte, sollte auf jeden Fall einen Blick darauf werfen.
Die Spielwelt als gesamtes ist jedoch nicht so offen. Im Rahmen von bestimmten Aufgaben erfolgt der Wechsel an einen anderen Ort, manuell herumreisen ist nicht möglich. Schade eigentlich, da in Detroit die eigene Wohnung ist, in welcher sich die Gegenstände, die im Inventar zu viel Platz verbrauchen aber, vorübergehend ablegen lassen. Bevor diese Stadt das letzte Mal verlassen wird, sollte das wichtigste dann aber auch wirklich mitgenommen werden. Die anderen Orte neben Detroit und Hengsha sind eher normale Einsatzgebiete, die eher weniger Bewegungsfreiheit bietet. Klar, ich kann dort hin- und herlaufen, wie ich möchte, und auch auf der Suche nach einigen versteckten Gegenständen etc. suchen, doch weg kann ich erst dann, wenn der Auftrag abgeschlossen ist. Kurzum: Wer eine mit Fallout vergleichbare Spielwelt erwartet hätte, bei welcher frei hin- und hergereist werden kann, um dort neue Aufgaben zu erhalten, wird hier enttäuscht.
Die Städte selbst, insbesondere Detroit, wirken sehr futuristisch, gleichzeitig aber noch authentisch. Keine fliegenden Autos, wie man es früher über das Jahr 2000 gedacht hätte, aber trotzdem modern genug für das Jahr 2027. Im Vorfeld sagte Square Enix, dass es möglich sei, mit jedem NPC im Spiel zu sprechen, sofern dieser gerade freundlich gesinnt ist, versteht sich. Es ist in der Tat möglich jeden anzusprechen und auch jeder davon reagiert. Nur sagt ein Großteil der „Unbeteiligten“ nur einen oder zwei Sätze, die dann gleich bleiben. Echte Gespräche, die zusätzliche Informationen bieten, sind das leider nicht. Doch neben den Hauptcharakteren gibt es trotzdem noch einige Personen, die ein paar Infos parat haben.
Doch es passt irgendwie ins Bild. Denn so lässt auch die Spielwelt selbst etwas Dynamik und Leben vermissen. Zwar wirkt die Stadt nicht gerade tot, doch eine glaubwürdige Belebtheit gibt es auch nicht. Vielleicht mal irgendwo ein paar Personen, die herumlatschen oder als Gruppe irgendwo rumstehen. Selbst mit aktuellen Nachrichtenmeldungen entsteht aber nicht der Eindruck, dass in der Stadt noch ein ganz normales Leben abläuft.
Stealth-Action, Ego-Shooter und Rollenspiel?
Deus Ex: Human Revolution ist eines der Titel, bei dem es schon eher schwierig ist, einen passenden Genre zu bestimmen. Das wird auch deutlich beim Betrachten unterschiedlicher Seiten. Offiziell ist es ein Action-Rollenspiel, teilweise liest man aber auch von Action-Adventure oder Ego-Shooter. Abhängig vom Spielstil mag es auch etwas in Richtung Stealth-Action gehen. Wer sich dafür entscheidet, durch das gesamte Spiel oder zumindest durch mehrere Abschnitte zu schleichen, wird aber schnell feststellen, dass es nicht mit einem Stealth-Actionspiel á la Splinter Cell zu vergleichen ist. Zwar muss ich auch hier aufpassen, wenn ich jemanden töte oder K. O. schlage, dass der Körper meines Opfers nicht aufgefunden wird, doch die Helligkeit der Umgebung spielt keine große Rolle. Ich kann mir nicht schlecht beleuchtete Stellen suchen, um unerkannt zu bleiben. Stattdessen muss ich halt darauf hoffen, dass die Kamera oder feindliche Person wo anders hinschaut. Lasse ich eine Person tot oder bewusstlos liegen, so reagieren NPCs und Kameras. Doch auch nur da, wo es wirklich vorgesehen ist. Das Verstecken der Opfer ist somit nicht immer erforderlich. Kameras zerstören hingegen ist keine gute Idee, da hierbei Alarm ausgelöst wird. Auch wenn ich nicht viel Krach machen darf, reagiert die KI nicht ganz so empfindlich auf Geräusche. Dies ist eher Situationsabhängig.
Dafür, dass aber in gewisser Weise der Stealth-Modus aufgezwungen wird, fehlt hier irgendwann eine gewisse Herausforderung. Häufig ist es ein Geduldsspiel, da darauf zu achten ist, welche Laufwege die Wachen haben, um unbemerkt an ihnen vorbei zu kommen. In anderen Situationen ist es ratsam die Umgebung genau zu inspizieren, um geeignete Wege für ein unbemerktes Vorankommen zu finden. Das Schleichen ist ein sehr wichtiger Bestandteil, doch wirkliche Stealth-Action ist dies insgesamt gesehen nicht.
Es hängt natürlich auch davon ab, wie gespielt wird. Denn wie schon erwähnt, habe ich im gesamten Spiel die freie Wahl, sollte mir es aber gut überlegen, ob ich es wirklich auf brutale Weise versuchen möchte. Dass es in Shooter-Manier nicht so einfach funktioniert, war bereits im Vorfeld bekannt. Deus Ex: Human Revolution ist kein normaler Ego-Shooter und versucht es auch nicht zu sein. Wer sich also für die Waffengewalt entscheidet, muss damit leben, dass die Gegner sich auch entsprechend währen und der Tod unter Umständen viel schneller eintritt als erhofft. Wer sich darüber hinwegsetzt, sollte aber auch ein Blick auf die Munition werfen. Das gute ist, dass fast jeder Gegner etwas Munition hinterlässt und auch häufig Vorräte zu finden sind. Ob es gerade die Munition ist, die benötigt wird, ist natürlich eine andere Sache. Glücklicherweise gibt es aber nicht allzu viele Munitionstypen. Trotzdem gilt es zumindest etwas sparsam umzugehen; Rambo-Style dürfte weniger effektiv sein. Vor allem auch deswegen, weil die Wahrscheinlichkeit, den KI-Gegnern mit sinnlosem Dauerfeuer massig Kopfschüsse zu verpassen, äußerst gering ist.
Schon das ganze Handling ist halt nicht typisch Ego-Shooter, macht es aber nicht unmöglich auf diese Weise zu spielen. Doch nicht nur das etwas merkwürdige Schießverhalten und die Tatsache, dass die Gegner gerade bei höherem Schwierigkeitsgrad eine Menge einstecken können, erschwert die Angelegenheit. Auch das Regenerationssystem sorgt dafür, dass etwas mehr Vorsicht von Nöten ist. Von Gesundheitspunkten haben sich die Entwickler bei Deus Ex: Human Revolution verabschiedet und stattdessen eher das typische, moderne System genutzt. Doch im Gegensatz zu den typischen Ego-Shootern ist die Abklingzeit etwas höher, sodass ein kurzes Ducken nicht ausreicht, um sich wieder zu regenerieren. Je nach Stärke der Verwundung ist unter Umständen knapp eine halbe Minute Zeit in Deckung erforderlich.
Keine reine Stealth-Action, kein echter Ego-Shooter, bleibt also nur noch Rollenspiel, oder? Als jemand, der weniger die typischen Rollenspiele zockt, ziehe ich gerne Fallout als Vergleich heran. In diesem Fall wäre sogar das als Rollenspiel-Shooter bezeichnete Borderlands passend. Für bestimmte Aktionen und das erledigen gibt es Erfahrungspunkte. Gibt es auch bei Deus Ex: Human Revolution, passt also. Mit steigender Erfahrung wird auch der Charakter besser. Das wird in diesem Fall durch die Augmentierungen gewährleistet. Mehrere Enden, viele Dialoge mit mehreren Optionen und dementsprechend unterschiedliche Konsequenzen. Die Waffen lassen sich mit Upgrades verbessern, sodass diese eine höhere Magazinkapazität haben oder mehr Schaden anrichten. Um einige der Beispiele zu nennen. Diese Verbesserungen sind permanent und lass sich nicht mehr entfernen und bei anderen Waffen anwenden. Daher ist auch dort gut zu überlegen, wie dies eingesetzt wird. Was jedoch irgendwie fehlt ist ein Level-System. Fähigkeitspunkte, die entweder automatisch bestimmte Fertigkeiten verbessern oder die ich manuell verteilen kann, gibt es nicht. Die Treffsicherheit lässt sich nicht regelmäßig beeinflussen, sondern erst etwas später durch die passenden Augmentierungen.
Gewohntes Gameplay mit guten Zusätzen
Doch auch wenn es hinsichtlich des Genres nicht eindeutig ist, so wird jeder, der schon einige Spiele gespielt hat, auch mit Deus Ex: Human Revolution zurecht kommen. Denn im Grunde ist es ein von Ego-Shootern gewohntes Gameplay, welches kaum eine großartige Umstellung erfordert. Auch keine echte Neuerung ist das Deckungssystem. Mit einem Knopfdruck einfach in Deckung gehen, wie gewohnt. Mit einem Tastendruck kann sich Adam von einer Deckung zur nächsten bewegen oder an der Deckung entlang um die Ecke bewegen. Die Deckung ist bei jedem Spielstil wichtig. Bei Feuergefechten, um nicht getroffen zu werden, um beim Schleichen, um nicht entdeckt zu werden. Doch ganz in Sicherheit ist er dort nicht. Denn ist der Blickwinkel für den Gegner gerade etwas günstig, ist es auch möglich in Deckung lauernd aufzufliegen.
Was im Spiel nicht fehlen durfte, ist das Hacken von Terminals oder Türsteuerungen. Beim ersten Mal gibt es ein kleines Einführungsvideo dazu. Doch beim ersten Hackingversuch ist es nicht unwahrscheinlich, dass man noch nicht zu 100 % verstanden hat, was Sache ist. Um das Ziel zu erreichen müssen Stück für Stück bestimmte Knoten eingenommen werden. Damit das nicht so einfach ist, gibt es ein Sicherheitssystem. Wird dieses auf den Eindringungsversuch aufmerksam, fängt die Zeit an rückwärts zu laufen. Ist die Zeit bei Null, wurde man entgültig entdeckt und fliegt aus dem System, welches danach für eine kurze Zeit gesperrt ist. Außerdem kann es passieren, das dabei der Alarm ausgelöst wird. Im Laufe des Spieles sorgen Augmentierungen und Items aber für einige Vorteile beim Hacken, was gerade im späteren Spielverlauf auch erforderlich ist, denn die Systeme werden oft komplexer. Obwohl das Hacken, auch hier in Abhängigkeit vom Spielstil, ziemlich häufig vorkommt, so wird es eigentlich nie langweilig. Es ist eigentlich ein gutes Mini-Game im Spiel, welches stets für eine gute Herausforderung sorgt. In den meisten Fällen ist es auch innerhalb von einer Minute geschafft, weshalb es auch normalerweise nicht nervig wird.
Die Inventarverwaltung läuft ganz klassisch ab. Es steht eine begrenze Anzahl an Slots zur Verfügung, jeder Gegenstand nimmt dabei unterschiedlich viel Platz weg. Bei leichteren Energie-Riegel teilen sich fünf Stück einen einzigen Slot, größere Waffen nehmen aber auch gerne mal acht Slots in Anspruch zuzüglich Munition. Zum Glück gibt es Rücken-Augmentierungen, um das Inventar etwas zu Vergrößern. Aber jeder Waffe samt Munition und noch ein paar wichtige Hilfsmittel mitzunehmen wird unmöglich sein. Es sollte also gut überlegt werden, welche Waffen wirklich im Kampf benötigt werden. Zur Not wird eine Waffe später einfach erneut aufgesammelt oder gekauft. Einen zentralen Lagerplatz gibt es, wie schon zuvor angesprochen, eigentlich nur in Detroit. Und da dort nicht jederzeit vorbeigeschaut werden kann, ist es eher bedingt hilfreich.
Irgendwie Oldschool, aber vielleicht auch gerade deshalb noch ein sehr schönes Spielelement sind die Boss-Gegner. Es gibt nicht viele davon, doch für die meisten dürften diese schon genug sein, da sie im Normalfall ziemlich hart zu knacken sind. Ohne die Schwachstellen herauszufinden, ist ein Sieg kaum möglich. Wer diese erstmal kennt, wird trotzdem kein leichtes Spiel haben und möglicherweise mehrere Versuche benötigen. In meinen Augen sind die Boss-Gegner etwas zu schwer geraten. Doch wer mit dem Taifun-Sprengsystem ausgestattet ist, der hat selbst auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad keine großen Probleme. Denn damit bedarf es nur recht wenig Attacken und das Duell ist gewonnen. Diese laufen übrigens in eher kleineren Arealen ab, was vergleichsweise untypisch ist.
Doch Entscheidungen gibt es nicht nur in Form von Boss-Kämpfen, sondern auch mit Dialogen. So existieren einige Schlüsselmomente, bei denen mit einer wichtigen Person gesprochen wird und meist drei unterschiedliche Dialogoptionen zur Verfügung stehen, welche unterschiedliche Auswirkungen haben. Leider beeinflussen diese den Dialogsverlauf kaum, sondern ändern eher die unmittelbare Antwort des Gesprächspartners. Darauf folgt aber ein standardmäßiger Text mit identischer Stimmlage, Bewegungen und Position der Person. Doch ganz am Ende wird dann deutlich, inwiefern sich die Antworten ausgewirkt haben. Das Gute ist, dass man es sich mit nur einer falschen Auswahl nicht direkt verscherzt. Sind jedoch mehrere Optionen eher unglücklich gewählt, hat dies meist eine unerwünschte Folge. Doch diese beeinflusst eher nur die weitere Vorgehensweise im aktuellen Abschnitt und hat keine Auswirkung auf dem restlichen Spielverlauf. Doch im Endeffekt ist nur eine Ausgang des Gespräches wirklich sinnvoll, sodass bei einem unerwünschten Ergebnis lieber neu geladen werden sollte. Etwas ärgerlich ist es, dass dabei nicht alles übersprungen werden kann und sich vieles erneut in voller Länge angehört werden darf, ehe dann im eigentlichen Dialog Aussagen übersprungen werden können.
Enttäuschung zum Schluss
Knapp 32 Stunden lang habe ich benötigt, um Deus Ex: Human Revolution durchzuspielen. Das geht natürlich auch deutlich schneller, wenn nicht großartig nach Geheimnissen gesucht wird oder man die Nebenmissionen einfach ignoriert. Aber etwas mehr als 20 Stunden sollten wohl eingeplant werden. Im Vergleich zu anderen Rollenspielen vielleicht eher kurz, doch für ein Action-Spiel eine sehr ordentliche Spielzeit. Vielleicht hätte es, gerade weil es so viel Spaß gemacht hat, noch etwas länger dauern können, doch zu kurz geworden ist es definitiv nicht. Doch am Ende habe ich trotzdem ein langes Gesicht gemacht. Zu einem guten Deux Ex-Titel gehört natürlich auch, dass es mehrere Enden gibt. Gibt es auch. Insgesamt hat das Spiel sogar vier unterschiedliche Enden. Die Anzahl ist weniger als ich es mir erhofft hatte, doch viel enttäuschender ist, dass die Auswirkung der Entscheidung minimal ist. Erst nach dem finalen Kampf darf muss ich eine wichtige Entscheidung treffen und habe dort vier Möglichkeiten. Diese bestimmen auch das Ende des Spieles – mehr aber auch nicht, denn direkt nach der Auswahl kommt bereits das Ende. Dort gibt es ein kleines Video, das vielleicht sogar etwas zum Nachdenken anregen mag – war das wirklich sinnvoll, was ich getan habe? Hätte ich mich anders entschieden sollen? Kein Problem, Speicherstand laden und dann noch mal.
Eine große Enttäuschung, denn somit gibt es eigentlich nur einen echten Handlungsstrang. Auch CGI-Videos, die direkt das zeigen, was ich mit meiner Entscheidung ausgelöst habe, gibt es nicht. Gerade in einem Fall wäre das doch sehr sinnvoll gewesen. Die Entwickler hätten somit viel früher, z. B. im letzten Drittel des Spieles, Abzweigungen im Spiel einbauen sollen. Dann hätte nicht nur ein einfaches Neuladen ausgereicht, sondern es wäre auch etwas mehr Spielzeit notwendig gewesen, um ein anderes Ende zu sehen – und bis dahin natürlich auch unterschiedliche Aufgaben, Charaktere, Dialoge usw. – vielleicht beim nächsten Teil. Doch fairerweise muss man dazusagen, dass es sehr wohl auch Auswirkungen auf Handlungen während des Spielgeschehens gibt. So gibt es eine Person, die kann ich entweder laufen lassen oder auch erschießen. Töte ich sie, war’s das erstmal. Anderenfalls sehe ich sie später wieder und erhalte zusätzliche Informationen. Hat einen Vorteil, hat aber keine enormen Auswirkungen auf das weitere Spiel. Zudem gibt es solche Situationen nur sehr selten.
PC-würdig?
Bei der PC-Version gab es Unterstützung vom Entwickler Nixxes Software. Schnell entsteht da bei vielen die Angst, dass die Auswirkung eine vermurkste Konsolen-Portierung ist. Doch keine Angst: Das ist nicht der Fall. Es wurde eng mit dem Team von Square Enix zusammengearbeitet. Es ist keine Portierung, sondern wurde parallel entwickelt – und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Steuerung ist optimal für die PC-Version angepasst. Klar, laufen mit WASD ist da keine echte Besonderheit. So gibt es auch wieder den Schnellzugriff, bei welchem mit einer Nummerntaste auf Waffen oder Gegenstände zugegriffen werden kann. Diese lassen sich vorher frei im Inventar festlegen. Auch kann die Maus beispielsweise beim Hacken verwendet werden.
Zahlenkombinationen lassen sich über das Nummernpad eingeben und das sogar recht schnell und ohne großartige Verzögerung. Eine Kleinigkeit, die bei anderen PC-Spielen schon oft gefehlt hatte. Mit Quicksave und Quickload gibt es zwei weitere Funktionen, die bei einem Deus Ex eigentlich Pflicht sind, auch wenn deren Existenz aufgrund der fehlenden Einträge im Menü nicht ganz offensichtlich ist. Im Gegensatz zu den Konsolen-Versionen stehen anstelle von 20 ganze 99 Speicherslots zur Verfügung, welche beim Steam Cloud-Service abgelegt werden. Damit ist es möglich auch an einem anderen Rechner den Spielstand fortzusetzen. Auch über das normale Menü kann jederzeit gespeichert werden. Wer vergesslich ist, kann sich auf die automatische Speicherung verlassen.
Darüber hinaus glänzt das Spiel auch mit eine hübschen Grafik, die aber nicht mit den großen Shootern mithalten kann und auch eher den Eindruck von Konsolengrafik bietet. Schade vor allem, dass hierbei der Großteil der Spielwelt sehr statisch und nicht zerstörbar ist, mit Ausnahme von dafür vorgesehenen Wänden. Immerhin lassen sich einige Kisten verstellen, sofern die Stärke des eigenen Charakters ausreicht. Dafür gibt es mit der DirectX 11-Unterstützung auch Vorteile durch die Tessellation. Mit AMD Eyefinity lassen sich mehrere Monitore ansteuern und das Spielen in stereoskopischen 3D ist auch möglich. Doch da erlebte ich zum Releasezeitpunkt noch eine große Enttäuschung: Es war das erste mir bekannte Spiel, dass mit stereosopischem 3D geworben hat, dann aber nur mit AMD-Karten möglich war. Und das obwohl NVIDIA mit ihrer 3DVision-Technologie die Nase in dem Bereich vorne haben dürfte. Glücklicherweise wurde das zwischenzeitlich mit einem Patch behoben, sodass auch die Besitzer von aktuellen NVIDIA-Karten und passendem Equipment in den 3D-Genuss kommen können.
Dank dem Schauspieler Michael Lott hat der Adam Jensen in der deutschen Fassung auch eine gute und passende Synchronstimme. Nur leider enttäuscht die deutsche Version dadurch, dass die Stimmen überhaupt nicht lippensynchron sind. Gerade bei so einem Toptitel hätte man von den Hamburger toneworx studios etwas mehr erwartet. Für viele daher einen Grund wieder auf die englische Sprachausgabe zu wechseln, was dank Steam überhaupt kein Problem ist. Leider steht dann aber auch nur der englische Untertitel zur Verfügung. Etwas bessere Arbeit hat Michael McCann. Er ist der Komponist des großartigen Soundtracks. Dieser hat bereits vor dem Release die Trailer mächtig aufgewertet. Auch im Spiel sorgt dieser für eine sehr schöne Atmosphäre.