Bei einem starken Schneesturm stürzt ein Transportflugzeug mit seiner Fracht, einer Atombombe, in die Arktis. Die bösen Russen sind schneller da als alle anderen und bergen sie, um sie – oh Wunder – als Druckmittel einzusetzen. Das gute Amerika schickt seinen Trupp los, der es richten soll. Kennt man schon? In der Tat. Was hier vage an Bad Company 2 erinnert ist jedoch ein Third-Person-Shooter aus Polen. Wer nun hellhörig wird, weil ein polnisches Studio jüngst mit Hard Reset ein Unikat ablieferte, muss sich auf eine Enttäuschung gefasst machen. Commando Libya ist zwar nicht durch und durch schlecht – doch mehr verschenktes Potential, zum Beispiel seitens der genutzten Unreal Engine 3, ist kaum möglich.
Wie erwähnt muss man die Weltordnung ins Lot bringen – wiedermal. Und sei es der Gnade des Ideenreichtums nicht genug, sind Russen die bösen Buben – wiedermal. Eigentlich ein schusssicheres Konzept, so existiert diese Konstellation auch in den aktuellen Call of Duty Spielen und verkaufen sich ohne Rücksicht auf den Mangel von Innovationen wie warme Semmel. Doch nicht jeder hat das Händchen für überdrehte Inszenierungen und Co. Diese Erfahrung muss der polnische Entwickler Sectral Games jetzt wohl selbst machen – denn ihr Spiel sieht auf den ersten Blick akzeptabel aus, wird auf den zweiten am liebsten direkt deinstalliert.
Dabei fängt es so gut an, denn das Hauptmenü wird von netten Effekten geziert. Doch schnell fällt einem auf, dass zum Beispiel keine weiteren Einstellungsmöglichkeiten für die Grafik vorhanden sind. Mehr als das Ändern der Auflösung ist nicht drin – als wolle man den Spieler vorwarnen, nicht zu viel von dem Werk zu erwarten. Im Spiel selbst bekommt man zu Beginn ein Intro spendiert, welches ebenfalls Sorge aufkommen lässt, dass die Zeitinvestierung nicht sonderlich befriedigend ausfallen wird. Der Absturz des erwähnten Transportfliegers wird gezeigt; unlogisch platzierte Effekte inklusive. Die Synchronisation der Piloten wollte ich ursprünglich nicht erwähnen, doch wer bei mehreren kleinen Explosionen im Cockpit (!) von einem Piloten in aller Ruhe „Erbitten um Landeerlaubnis“ sagen hört, bekommt Kopfschmerzen. Da fällt das komplette Fehlen von Lippen- beziehungsweise Gesichtsanimationen kaum noch ins Gewicht, denn zu früh scheinen die Würfel gefallen. Das wird durch die nächste Szene, die Einsatzbesprechung der man beiwohnt, zusätzlich untermalt – die Kameraperspektiven, wenige Zentimeter von den Gesichtern entfernt, sorgen dafür.
Der Spielverlauf selbst geizt mit Abwechslung und die Handlung mit logischen Schlussfolgerungen. Als Teil einer Zwei-Mann-Armee schießt und schlägt man sich von Level zu Level und verliert nach und nach jegliche Vorstellungskraft für wahre Unterhaltung. Schlechte Sprüche seitens der Protagonisten sorgen zudem für so manch unpassendes Schmunzeln. So wird aus einer überaus dramatischen Szene, ein ziemlich albernes Schauspiel, sobald der werte Herr Pope sein „If there is Pope, the will be no hope!“ loslässt. Auch die Tatsache, dass der Oberbösewicht den wir quer über den Globus jagen, immer und immer wieder mit dem selben Hubschrauber entkommt, stört unsere Protagonisten nicht. Amerika hat ja offensichtlich kein Geld für eine Javelin. Die immer gleichen Sprüche die er klopft bevor man ihm am Ende in den Kopf schießt gestalten sich auch eher als Running-Gag.
Das ursprünglich für das Spiel werbende „neue Deckungssystem“ stellt sich leider ebenfalls als Fummelei mit Maus und Tastatur heraus. Unsere Kontrahenten jedoch kommen scheinbar wunderbar damit klar, denn so manch Wassereimer von 30cm Größe wird knallhart als Deckung genutzt – sehr zum Vorteil der Abschussserie des Spielers. An künstlicher Intelligenz scheint es generell zu mangeln, da die meisten Ziele meiner Kugeln ohne Scheu vor meinem Lauf stehen bleiben um nach zu laden oder gar in ganzen Rudeln hinter der nächsten Ecke auf mich warten. Die Kugeln der Waffen verfehlen jedoch stets zu einem gewissen Prozentsatz ihr Ziel – als wollte man sicher gehen, dass das Spiel einen wenigstens auf diese Weise fordert. Streuung mal anders. Kann ich verstehen bei Waffenmodellen, die zwar stets mit allen möglichen Gimmicks wie zum Beispiel Holo-Visier oder Granatwerfer ausgerüstet, diese jedoch in keiner Spielminute nutzbar sind. „Hauptsache die Knarren sehen cool aus!“ – wem es gefällt. Die hektische und oft unlogisch reagierende Kamera versprüht leichtes Gears Of War-Feeling, ist dann aber doch zu undurchdacht um als Pluspunkt zu gelten.
Grafisch könnte man so vieles wieder ausmerzen. Das Grafikgerüst, die Unreal³ Engine, bietet eine Menge Raum für hervorragende Effekte und den passenden Einsatz von Shadern. Doch Moment! Alles in dem Third-Person-Shooter bietet eine sehr niedrig aufgelöste Textur und die Explosionen sowie Scheinwerfer werfen mit Bloom um sich – wer braucht heut zu Tage noch Specular Maps oder HDR? Mit Blob-Schatten scheint man wohl in Polen noch heute eine Menge her zu machen. Auch der Part für die Ohren ist gegenüber dem Spielspaß eher kontraproduktiv, da man mindestens für die deutsche Fassung wohl mal schnell nicht mehr als einen ganzen Tag im Ton-Studio opfern wollte. So gibt es hier und da nicht nur lieblos formulierte Beleidigungen sondern auch Pseudo-Russen mit offensichtlichem Migrantenhintergrund, denn sie hören sich schlicht an wie ein deutscher Sprecher mit verstellter Stimme.
Global Ops: Commando Libya bietet natürlich auch einen Multiplayer, der mit mehreren Modi wirbt; diesen jedoch zu testen aber war nicht möglich – es gab einfach keine anderen Spieler.