Testbericht: Limbo

PC-Version, getestet von Timo Schmidt am

„Trial and Error“ – ein Verfahren, dass mindestens in der Informatik-Szene Gang und Gebe ist. Die Bedeutung ist heutzutage beinahe jedem geläufig und stößt überall auf leichtes Stirnrunzeln. Warum nicht also ein Spiel ins Leben rufen, dass von dieser Mechanik lebt?

Eine schwere Herausforderung, in der Tat. Doch mit Limbo hat der Entwickler Playdead eindrucksvoll bewiesen, dass es möglich ist. Der Name der Entwickler passt hier wie die Faust aufs Auge. Eben jene Faust sorgt bei den Spielern während des Bewältigens eben jenes Games für Farbenblindheit. Irritiert? Zu Recht! Denn das Game ist ein schwarz-weißes Meisterwerk. Bevor das Bild entsteht, Limbo hätte den mich endgültig erblinden lassen, rücke ich mit Details heraus:

Limbo an sich existiert schon seit mehr als einem Jahr. Zwar nicht auf dem heimischen Rechner, sondern auf Microsofts Plastikkasten, doch das soll uns nicht weiter stören denn das Spiel ist seit geraumer Zeit für den geringen Obolus von 10 € bei Steam erhältlich. Wer plump nach dem Genre des Spiels fragt, wird sich mit der Antwort „Jump-and-Run-Adventure“ zufrieden geben müssen und legt, je nach Vorlieben, das Spiel gleich wieder zur Seite. Doch Vorsicht: Euch entginge eine viel zu gering geschätzte Perle der Indie-Industrie!

Limbo beginnt da, wo für viele eher alles Enden würde – im äußeren Kreis der Hölle. So zumindest steht es in der Spielbeschreibung. Wo sich der Protagonist des Spiels im Endeffekt befindet, sollte jeder für sich selbst entscheiden. Die Vorstellung, ein kleiner Junge suche in der Unterwelt nach seiner verschollenen Schwester, ist erschütternd, dient dem Spieler jedoch als perfekte Motivation, weiter zu spielen. Und so kommen wir erneut auf das „Trial & Error“-Verfahren – Limbo lebt praktisch davon. Unser Protagonist dagegen eher nicht, beziehungsweise nie lange genug um sich darüber Gedanken machen zu können. Während man den kleinen Mann mit den Pfeiltasten durch eine düstere SideScrolling-Szenerie steuert, um seine kleine Schwester zu finden, begegnen ihm viele Fallen, Feinde und noch viel grauenvolleres. So wird unser Jüngling aufgespießt, zerfetzt, zersägt, zerquetscht, erschossen, – die Liste könnte man endlos weiterführen. Diese Tatsache unterstreicht ganz klar, dass Limbo nichts für schwache Gemüter ist. (Und erst recht nichts für Spieler mit einer Spinnenphobie, doch dazu später mehr.) Gore bleibt Gore, auch in schwarzweiß! Im Großen und Ganzen kann das Spiel daher recht verstörend wirken und konnte selbst mich hartgesottenen Veteranen dazu bewegen , abends während des Spielens das Licht einzuschalten. Gänsehaut inklusive!

Im Verlauf der Geschichte begegnen dem Jungen verschiedenen Lebewesen, die ihm mal mehr, mal weniger gut gesonnen sind. So trifft man unter anderem auf parasitäre Maden, die sich gerne an den Kopf eines Menschen haften und … Details hierzu lassen wir bewusst aus. Der wohl gemeinste Antagonist hat sechs Beine, acht Augen und eine so immense Größe, dass allein der Anblick es einem kalt den Rücken hinunter laufen lässt.

Alles in der Spielwelt von Limbo hat eine Daseinsberechtigung in Form bestimmter Einflüsse auf das Gameplay. So auch jene Parasiten: Haftet einer am Kopf der Spielfigur, verliert man nach und nach die Kontrolle über Bewegung und Reaktionsvermögen. So passiert es nicht selten, dass man wegen der Maden in den brutalen Bildschirmtod läuft. Doch nicht nur durch den Einfluss der Spielwelt, auch durch Denkfehler des Spielers selbst kommen dem Konto von Gevater Tod viele Punkte zu Gute. So rennt man relativ oft in eine Säge, spitze Gebilde, den bodenlosen Abgrund oder schlimmeren Arten, wie einem das Leben ausgehaucht werden könnte. Während des gesamten Spiels geht es um das Überleben diverser, fieser Fallen, Angriffen, etc. und das Finden der kleinen Schwester unseres Helden.

Man stirbt, versucht es auf eine andere Weise, stirbt erneut – und findet irgendwann die Lösung um weiter zu kommen. So merkt man zum Beispiel nach einer Weile, dass das Nagetier, welches uns zuvor nur scheu beschnüffelt hat um dann wieder zu fliehen, sich mit weiteren Dingen aus der Umgebung aus seinem Versteck locken lässt. Wenn man sich nun schlau anstellt, schafft man es, das Geschöpf in eine Art Hamster-Rad zu locken, welches einen Stromgenerator antreibt um das Tor ins nächste bereich zu öffnen. Wenn, dann, wäre, weil. Das Spiel steckt voller Überraschungen in Form immer mehr verwirrenden Rätsel und unerwarteten Lösungswegen. Ferner sind faire Checkpoints in der Welt integriert, die einem bei einem Ableben nur ein kurzes Stück zurückwerfen.

Ein anderer Grund, warum man nicht einfach aufstehen und Limbo Limbo lassen kann ist die atemberaubende Atmosphäre des Spiels. Die Spielwelt ist bis ins kleinste i-Tüpfelchen durchdacht und strotzt von Ideen, hält jedoch unnötige Details außen vor. Die Tonuntermalung glänzt ebenfalls und lässt uns statt Hintergrundmusik das Rauschen der nahen Tannen und das Knacken der Äste unter der Last unserer Füße hören – und Dinge, die wir niemals in unserem Leben hören wollten. Doch das macht das Spiel so aus und bewegt einen immer wieder aufs Neue dazu, noch einen Anlauf zu starten um irgendwann ans Ziel zu gelangen. Doch das Ende ist ein Thema für sich, erscheint es doch so früh und so enttäuschend. Bei uns läuft niemand Gefahr einen Spoiler zu lesen, keine Sorge. Doch man stellt sich den Abschluss völlig anders vor, als wohl die Entwickler von Playdead. Nichts desto Trotz hat Limbo es gewaltig in sich und ist jeden Cent des Kaufpreises wert.

Negative Aspekte gibt es des weiteren in Form von fehlenden Einstellungsmöglichkeiten im Bereich der Steuerung und der zum Teil aufkommende Frustfaktor, wenn man an eine Stelle nun zum 56. Mal versucht, weiter zu kommen.

Wertung

Fazit

GC-Wertung
8,0

Ob man das Spiel verkraftet, es einem Spaß macht und vielleicht der Hot-Seat-Hit an dem nächsten Spiele-Abend mit seinen Freunden wird, muss jeder für sich entscheiden. Bei mir war dies definitiv der Fall, auch wenn die (todfreie) Spielzeit von 3 Stunden und das darauffolgende Ende enttäuschen.