Einsatz in Afghanistan
Schon vor dem Release hat Medal of Honor aufgrund ihrer Story viel Kritik einstellen müssen. Unter anderem vom deutschen Bundeswehrverband und dem britischen Verteidigungsminister. Eine zum Teil verständliche Kritik, da im Spiel der Konflikt aufgegriffen wird, bei dem auch noch aktuell viele Menschen ihr Leben lassen. Doch zum anderen beweist die Kritik auch, wie realistisch die Story des Ego-Shooters ist.
Das Spielgeschehen beginnt nach einigen kurzen Meldungen, mit denen sich eher nur wenig anfangen lässt, zumal es einfach verschiedene Gespräche durcheinander sind. Aus einem Kampfhubschrauber heraus soll ein Angriff erfolgen. Nach sich die Feinde kurz darauf mit einem Raketenwerfer zur Wehr setzen, erfolgt ein Zeitsprung sechs Monate zurück. Ein häufiges Stilmittel, aber fragwürdig, ob es in diesem Fall wirklich sinnvoll war.
Es geht weiter in der Rolle des US-Soldatens Rabitt, welcher zunächst mit dem Auto in Richtung Kontaktperson unterwegs ist. Hier darf der Spieler nur warten und erst die Kontrolle übernehmen, nachdem nach einiger Zeit die Taliban angreifen.
Kampf gegen die Taliban
Das eigentliche Spielgeschehen beginnt also direkt in einer Kampfsituation, bei der auch direkt ohne zusätzliche Trainingsmission die Steuerung erzählt wird. Für diejenigen, die schon häufig Ego-Shooter gespielt haben, dürfte ohnehin alles klar sein. Um ein besseres Gefühl zu übermitteln, selbst der Soldat zu sein, wird die HUD aufs Minimum begrenzt und größtenteils ausgeblendet. Wer die Informationen sehen möchte, kann sie via Tastendruck, kurz anzeigen lassen. Nach wenigen Sekunden werden sie wieder ausgeblendet. Lediglich die Munition der aktuellen Waffe wird angezeigt, wenn geschossen wird.
Während die meisten Ego-Shootern eine Auswahl von verschiedenen Waffen, die sich beispielsweise in Genauigkeit oder Reichweite unterscheiden, zu bieten haben, ist die Waffenwahl bei Medal of Honor eher zweitrangig. Zwar gibt es auch hier Schrotflinten, Sturmgewehre oder Scharfschützengewehre, doch welche davon genau genommen wird, ist eher unwichtig. Zu Beginn jedes Abschnittes hat der Soldat auch bereits vorgegebene Waffen. Zwar können die eigenen Waffen durch die der Gegner ausgetauscht werden, doch große Vorteile durch einen Wechsel gibt es nicht. Auch um Munition muss sich zu keinem Zeitpunkt Sorgen gemacht werden, denn diese wird nicht nur von den Gegnern aufgesammelt, sondern kann jederzeit auch von den Teamkameraden erbeten werden. Es kann also bedenkenlos geschossen werden, was das Zeug hält.
Insbesondere zu Beginn stellt sich jedoch die Frage, ob die Gegner wach sind oder überhaupt ein Gehirn besitzen. Selbst bei höherem Schwierigkeitsgrad besteht kaum Gegenwehr, als würden sie auf den Tod warten. Bei Situationen, wo am Gegner vorbeigeschlichen werden soll, geschieht es teilweise dermaßen offensichtlich, dass es bei jedem anderen Spiel schon längst schiefgegangen wäre. Stattdessen lässt es sich langsam, gemütlich und geduckt quer über die Straße marschieren, während es wenige Meter weiter eine feindliche Einheit sofort merken müsste. Jedenfalls zum späteren Spielgeschehen, scheint es so, als würde die KI etwas aufmerksamer und aggressiver agieren.
Einsatz als Team
In Medal of Honor gibt es keine Actionhelden, die im Alleingang die Welt retten, was in diesem Kriegsszenario auch keineswegs glaubwürdig wäre. Somit agieren die Soldaten auch glaubwürdig als ein gemeinsames Team. Dabei ist es nicht wie häufig bei Call of Duty der Fall, dass die Soldaten reihenweise sterben und immer neue gespawnt werden. Es ist vielmehr eine feste Truppe, die schon einige Einsätze hatte. So entsteht auch das Gefühl, dass die Kameraden schon fast eine Art Familie bilden. Sie arbeiten nicht nur zusammen, sondern halten auch stets zusammen. Das unterstützt vor allem auch die glaubwürdige Erzählung.
Dabei ist es nicht nur die kleine Truppe auf dem Feld die zusammenarbeitet, auch die Zentrale und andere Teams sind eine nicht unwesentliche Unterstützung. In Zwischensequenzen werden dabei auch noch unterschiedliche Meinungen von den Bürokraten in der Heimat und den betroffenen vor Ort deutlich. Den einen ist eher die Mission wichtig, den anderen liegt mehr am Wohl der eigenen Einheit. Auch wenn somit ein größeres Gesamtbild betrachtet wird, so beschränkt es sich auch hier wieder typischerweise auf die Amerikaner, obwohl in dem Krieg auch viele europäische Streitkräfte unterstützend beteiligt sind. Trotz der Erzählung aus der amerikanischen Sicht, bei denen das gesamte Zielgebiet anscheinend nur aus Terroristen (denn harmlose Zivilisten gibt es im Spiel nicht) besteht, ist die Betrachtungsweise eher zurückhaltend und stellt die Amerikaner zumindest nicht als die weltrettenden Helden dar.
Im Gefecht funktioniert das Zusammenspiel mit den Kameraden recht gut. Bis auf wenige Ausnahmen gibt es keine größeren Abschnitte als Einzelkämpfer. Die Vorgehensweise ist dabei häufig auf das Team abzustimmen. In einigen Situationen werden gleichzeitig mit dem Kameraden die Feinde schnell und unbemerkt neutralisiert. Ein enormer Vorteil ist, dass die Kameraden nicht sterben können und somit kein Frust entsteht, weil die schlechte KI wieder in den Tod gerannt ist. Die Soldaten handeln dabei alle selbstständig. Befehle können nicht gegeben werden. Doch deswegen einfach zurücklehnen und warten, bis die anderen alle Terroristen getötet haben, ist auch nicht möglich. Es muss also auf jeden Fall auch selbst gefeuert werden. Trotzdem sind die Kameraden eine gute Hilfe im Kampf, weshalb es an ihnen nur wenig zu bemängeln gibt. Die Gruppe arbeitet auch insofern zusammen, dass sie sich bei höheren Ebenen gegenseitig nach oben ziehen oder per Räuberleiter hochhelfen. Etwas verwunderlich ist dabei nur, dass im Großteil dieser Situationen, nur der vom Spieler gesteuerte Soldat derjenige ist, der nicht in der Lage ist, selbstständig irgendwo hochzuklettern. Meist klettert erst der Kollege recht einfach auf eine Erhöhung, während der Spieler selbst wartet, bis er nach oben gezogen wird.
Technischer Rückstand
Eines wird beim Anblick von Medal of Honor schnell deutlich: Grafisch kann es nicht ansatzweise mithalten. Ein Faktor, der bei Ego-Shootern eine sehr große Rolle spielt, wurde anscheinend benachteiligt und ist eher auf einem Niveau von vor einigen Jahren. Auch wenn häufig ein Schatten geworfen wird, so geschieht dies anscheinend auch nur bei gescripteten Augenblicken. Es kann sich vor den Scheinwerfern eines Fahrzeuges gestellt werden, ohne dass dadurch ein Schatten entsteht. Das Licht scheint somit durch den Soldaten hindurch. Bei Pfützen sieht es nur bedingt aus, als wäre es wirklich Wasser. So sind kaum Spiegelungen, bis auf ein leichtes Glänzen, vorhanden und beim Durchlaufen passiert auch nichts. Die nicht selten vorkommenden Feuerstellen oder Explosionen sind zwar schlechter als die Effekte von Call of Duty: Modern Warfare 2, doch zumindest diese sind dennoch recht gut gelungen.
Doch nicht nur die Effekte lassen die Grafik etwas veraltet aussehen, sondern auch die Umgebungsdetails lassen noch so einige Wünsche offen. Die Objekte in der Umgebung sind eher weniger detailliert und größtenteils sehr statisch. Sie lassen sich meist weder beschädigen noch bewegen, wenn dies nicht vorgesehen ist. Dass der Untergrund, über den marschiert wird, auch nicht wirklich perfekt ist, wird vor allem in den Schneegebieten sichtbar. Eine weiße Oberfläche, die nur aus der Ferne noch glaubwürdig ist, doch beim Laufen darauf sieht es eher unglaubwürdig aus und fühlt sich auch nicht wie Schnee an. Jedoch ist nicht alles ganz schlecht geworden, beispielsweise die Gebirge und Wälder machen schon einen ganz passablen Eindruck.
Einen bösen Schnitzer hält die die Technik noch parat: An einigen Stellen kann durch eine geschlossene Tür hindurchgegangen werden. Auch wenn dies nicht immer so ist, ein Einzelfall ist dieser Fehler auch nicht gewesen. Nach dem Hindurchgehen kann dann vom Inneren des Raumes beobachtet werden, wie erst die Kameraden die Tür öffnen und nachkommen.
Alles nach Drehbuch
Eine enorme Linearität des Spielablaufes ist bei Ego-Shootern inzwischen zur traurigen Gewohnheit geworden. Bei einigen Spielen fällt diese etwas weniger deutlich aus. Bei anderen, wie auch bei Medal of Honor, ist es schon auffälliger. Eine wirkliche Entscheidungsfreiheit hat der Spieler so gut wie nie. Nicht selten wird vom Kameraden vorgegeben, was zu tun ist. Wie auch bei Modern Warfare 2 gibt es Situationen, bei denen mehrere Gegner ausgeschaltet werden sollen und diese mit dem Kameraden sozusagen geteilt wird. Hier gibt es Ausnahmsweise eine freie Wahl für den Spieler: Welcher davon wird selbst getötet, wen übernimmt der Partner.
Die Einsatzgebiete sind häufig sehr klein und bieten keine große Bewegungsfreiheit. Unterwegs gibt es auch meist nur recht schmale Wege, keine Alternativrouten und auch keine Möglichkeit einfach mal den Weg zu verlassen. So sind schon kleine Höhenunterschiede, wie kleine Steine in der Gebirgsgegend, ein unüberwindbares Hindernis.
Bei einigen Szenen sind sogar die Bewegungen eingeschränkt, sodass beispielsweise plötzlich keine Waffe mehr in die Hand genommen und dadurch auch keine Schüsse mehr abgefeuert werden können, ehe die im Spielgeschehen ablaufende, zwischensequenzartige Szene vorüber ist. In einigen Fällen ist selbst das Laufen nicht möglich. Auch wenn das alles nicht notwendig ist, so ist es trotzdem unschön dem Spieler diese Freiheit zu nehmen.
Abwechslung
Einigermaßen Positiv ist die Abwechslung, die in Medal of Honor geboten wird. Hin und wieder werden auch Abschnitte gespielt, in denen nicht nur das Herumlaufen und Schießen gefragt ist. Es gibt auch Phasen als Scharfschütze, im Hubschrauber oder mit Raketenangriffen. Beim Scharfschützenpart sind weit entfernte Gegner das Ziel und werden eliminiert. Anweisungen gibt es vom Kameraden, der die Rolle als Späher übernimmt. Windverhältnisse oder ähnliches Spielen keine große Rolle, selbst die Präzision kann etwas vernachlässigt werden. So sind auch die Schüsse ein Volltreffer, die vielleicht ein kleines Stück danebengegangen wären. Für die Ortung der versteckten Gegner kann die Wärmesicht genutzt werden.
Im Hubschrauber übernimmt der Spieler lediglich die Steuerung der Geschütze und muss einfach nur alle Gegner ausschalten, ehe diese den Hubschrauber mit Raketenwerfern vom Himmel holen. Die Steuerung wird vom Computer selbst übernommen. Der Hubschrauber ist mit Maschinengewehren und Raketenwerfern ausgestattet, welche in unterschiedlichen Intervallen genutzt werden können. Dabei ist beim Maschinengewehr auch auf Überhitzung zu achten. Bei den Raketenangriffen wechselt die Sicht auf Satellitenbilder und mit verschiedenen Raketen- oder Luftangriffen, die angefordert werden können, werden feindliche Soldaten, Panzer oder Stellungen ausgeschaltet. Beim ersten Mal mag das noch interessant sein, wenn aber mehrere Minuten lang ein Cursor auf der Karte bewegt und eine Taste gedrückt werden muss, dann wird es schnell langweilig.
Im Gefecht selbst gibt es dabei eher weniger Abwechslung. Im Vordergrund steht das Angreifen und Töten. Manchmal ist es auch gesünder sich zu verstecken und darauf zu warten, dass eine Patrouille vorbeigelaufen ist. Sollte das der Fall sein, wird vom Kameraden darauf hingewiesen. Es kann zwar auch ignoriert werden, ohne dass die Mission dadurch direkt fehlschlägt, doch das sorgt nur für ordentliche Gegenwehr, die schnell zum Tode führen kann.
Der häufige Vergleich mit Modern Warfare 2 in diesem Bericht rechtfertigt sich schon dadurch, dass es auch häufig so wirkt, als wollte das Spiel in gewisser Weise nachgeahmt werden. Verständlich – beim erfolgreichsten Ego-Shooter aller Zeiten. Doch teilweise wirkt es etwas so, als seien nur wenig eigene Gameplay-Ideen vorhanden gewesen. Anstelle der rasanten Fahrt auf dem Schneemobil gibt es hier langweilige und unspektakuläre Touren mit einem Quad. Auch einige Schneelandschaften, Angriffe aus der Satellitenansicht und einige Kleinigkeiten erinnern sehr an Modern Warfare 2, sind aber meist nicht ganz so schön umgesetzt.
Steigende Dramatik
Der Spielbeginn ist echt schwach geworden. Es ist zunächst kaum wirklich klar, worum es überhaupt geht und es kommt einem schon fast so vor, als hätte das Spiel überhaupt keine Story. Klar ist, dass es um Kriegseinsätze in Afghanistan geht, aber für eine filmreife Erzählung taugt gerade der Beginn überhaupt nicht. Die Atmosphäre ist zu diesem Zeitpunkt eher dürftig, da es keine Action gibt und kaum ein richtiges Gefühl entsteht, selbst mitten in einem Krieg zu kämpfen.
Erst nach und nach steigt die Dramatik langsam, wodurch auch mehr Spannung erzeugt werden kann. Heftige, nahezu aussichtslose Angriffe der Gegner, Verletzungen in den eigenen Reihen, zweifelhafte Befehle aus der Heimat und die Suche nach anderen Teams gestalten das ganze etwas interessanter. Gleichzeitig wird es dadurch auch spielerisch etwas aufregender. Jedoch ist das Spiel auch schon nach knapp fünf Stunden komplett durchgespielt. Wer noch Spaß am erneuten Durchspielen einer Mission hat, kann dies dann im Tier 1-Modus, bei welchem gegen die Zeit gespielt wird und keine Checkpoints vorhanden sind.
Die Atmosphäre ist insgesamt gut gelungen und bietet auch einen passenden Soundtrack, unter anderem auch von Linkin Park. Auch wenn dieser nicht so beindruckend ist, wie die von Hans Zimmer kreierte Soundkulisse bei Call of Duty: Modern Warfare 2, so hat sein ehemalige deutsch-iranischer Assistent Ramin Djawadi, welcher auch schon als Komponist für Iron Man, Prison Break oder Flash Forward tätig war, eine gute Arbeit abgeliefert. Größtenteils bleibt der Sound im Hintergrund, doch in passenden Augenblicken wird er deutlich. Gerade zum Ende hin, wird passend zum dramatischeren Spielgeschehen auch die Musik immer kräftiger. Etwas Atmosphäre geht auch dadurch verloren, dass der Großteil im Hellen in der Wüste bei verhältnismäßiger Ruhe stattfindet und nicht nach dramatischen Augenblicken in der Dunkelheit beim Weißen Haus, wo alles herum brennt, schießt oder explodiert. Dafür wirkt die zurückhaltende und weniger übertriebene Action etwas glaubwürdiger.