Überraschende erzählerische Tiefe
Wie eingangs erwähnt, sind in vielen Metroidvanias nicht nur die Spielwelten mehrschichtig, doch meist müssen Details der Haupthandlung im Spiel erst wie eine Orange geduldig geschält werden. Und manchmal ist diese Orange eben noch lange nicht reif und lässt sich nur mühsam von ihrer Schale befreien.
Ähnlich verhält es sich mit Metroid Dread: Wir wissen, dass Samus auf dem Planeten ZDR nach einer ursprünglich ausgelöschten, gefährlichen Alien-Spezies Ausschau halten soll. Auf diesen Planeten wurden zu diesem Zweck zuvor zwar „E.M.M.I.“ genannte Roboter entsandt, doch ohne Erfolg. Als wir aufwachen, ist die Landung oder der mögliche Absturz auf ZDR allerdings schon einige Zeit her und zu allem Überfluss hat Samos ihr Gedächtnis verloren. Jetzt gilt es, zurück zum Schiff zu finden und unterwegs nicht zu sehr mit den durchgedrehten E.M.M.I. aneinander zu geraten.
Das war es erst einmal und könnte gutes Material für einen B-Movie hergeben. Nach und nach entpuppt sich alles jedoch ganz anders, als es erst scheint und genau das gilt heraus zu finden. Möglichst ohne sich zu verlaufen.
Liebesgrüße von Boston Dynamics
Neben üblichen, genretypischen und dennoch recht abwechslungsreichen Gegner-Variationen stellen die eben erwähnten E.M.M.I. die wohl konstanteste Gefahr dar: In jeder der knapp ein Dutzend Regionen befinden sich abgeschottete Bereiche, in denen Samus vorsichtig voranschreiten muss. Diese werfen die ganze Spiel-Farbpalette in einen Grauton und sorgen für eine schaurige Atmosphäre, denn jede falsche Bewegung und jedes zu laute Geräusch, könnte ein E.M.M.I. auf den Leim rufen.
Diese sind quasi unsterblich und sobald sie unsere Titelhelden erwischen, stecken wir in einem bewusst beinahe unschlagbaren Quicktime-Event, der Samus’ nächstes Abnippeln garantiert. Also heißt es: nicht erwischen lassen. Zwar lässt sich der Begegnung mit viel Glück und noch viel mehr Übung ab und zu kontern, jedoch betäubt dieser die Killermaschine nur einige Sekunden und verhilft lediglich zur knappen Flucht.
Irgendwann finden sich in diesen Zonen auch Boss-Räume, in denen ein Miniboss besiegt und seiner Energie beraubt werden muss. Klappt dies, wird Samus’ Armkanone temporär aufgeladen und kann mit gut gezielten Treffern des sogenannten Omega Blatters den metallenen Jäger ausschalten.
Der Sieg über einen der insgesamt sieben E.M.M.I. erbringt Samus jeweils neue Fähigkeiten, die ganz einem Metroid-Titel treu neue Wege in der Spielwelt eröffnen und Zugang zu vormals verschlossenen oder unerreichbaren Passagen bieten.
Vor Schweiß triefender Joy-Con
Wer bis hier gelesen hat, kann sich sicherlich bereits denken, dass Metroid Dread keine all zu leichte und anfängerfreundliche Angelegenheit sein dürfte. Genretypisch gehört das Sterben und Dazulernen zum Spielerlebnis dazu und wer nicht ein gewisses Maß an Frust-Resistenz mit sich bringt, wird nicht all zu glücklich mit Samus’ Ausflug auf den Planeten ZDR.
Mit viel Geduld und Ruhe lernen sich Gegnerverhalten, Bewegungsmuster, die nicht all zu übersichtliche Spielwelt mit ihren multiplen Zonen und das Auftreten der Bosse natürlich gut auswendig – allerdings auch nur, wenn das entsprechende Commitment mitgebracht wird.
Dennoch kommt der Faktor Ungeduld, Zeitdruck und Frust erschwerend hinzu und könnte kaum unberechenbarer ins Spielgeschehen eingreifen: Wie viele Tode Samus Aran wohl allein in unserem Spiel-Durchlauf ertragen musste, weil man dann doch zu schnell durch die E.M.M.I.-Zone huschen wollte? Wie oft wurde der kürzeste Weg zum nächsten Speicherpunkt übersehen und ein Ableben kostete nur unnötig Zeit? Daran muss man sich gewöhnen.
Aufgewertet wird die Spiel-Erfahrung massiv durch das belohnende Level-Design: Denn wer die Zähne zusammen beißt und sich die entsprechenden Stellen in der Spielwelt merkt, an denen man zuvor mangels Fähigkeiten nicht weiter kam, darf dort nun Belohnungen in Form neuer Fähigkeiten oder Aufwertungen freuen.
Selbst „Sequenz Breaking“ genanntes Abkürzen fester Gebietsreihenfolgen wird belohnt; so haben die Entwickler in so manch Boss-Kampf eine besondere Zwischensequenz eingebaut, wenn zuvor außerplanmäßige Umwege gegangen wird und Fähigkeiten ergattert wurden, an die Samus eigentlich noch nicht dran kommen dürfe.