Im neuen Third-Person Action-RPG, welcher am 1. April diesen Jahres auf Stadia, PC, Playstation sowie Xbox erschient, heißt die am meisten umgarnte Ressource auch ohne Zutun der Menschen den Tod: Eine elektromagnetische Anomalie, welche scheinbar jeden bei Berührung tötet und auflöst. Doch wirklich jeden? Natürlich nicht unseren Protagonisten und diverse Antagonst:innen. Bühne frei für einen auf den ersten Blick flachen, doch dann sehr fesselnden Loot-Shooter.
We appreciate Power
In einem der Outriders Ankündigungstrailer des Publishers Square Enix wird das vom ehemaligen Bulletstorm-Entwickler erarbeitete Spiel von Grimes’ „We appreciate Power“ besungen. Ziemlich passender Unterton, dessen knirschend brutalen Gitarrenklänge sehr gut die Stimmung des Szenarios einfangen. Als einer der Überlebenden der Kolonie treffen wir auf dem Planeten Enoch früh auf besagte Anomalie-Stürme und haben Glück: Statt uns zu vaporisieren werden wir zur machten Kampfmaschine. Alles andere ist schmalspurige Geschichte mit Protagonisten, fiesen Antagonisten und recht wenigen Twists.
Warum also macht uns Outriders dennoch so viel Spaß? Power. Machtfantasien beflügeln Videospiele seit Jahrzehnten und auch hier ist es nicht anders. Recht früh (leider erst nach dem recht schlechten und in keiner Weise repräsentativen Prolog) hat man die Wahl aus einer Hand voll Grundklassen, welche die dazu gewonnenen Kräfte spezifizieren und uns einen verzweigten und umfangreichen Talentbaum offenbaren. Die vier Klassen Pyromancer, Technomancer, Trickster und Devastator spielen sich eingangs grundverschieden und lassen sich je nach Geschmack im Laufe des Spiels unterschiedlich formen. Dabei werden wahrlich übliche Fantasy-Tropes bedient, die hier keiner gesonderten Aufzählung bedürfen.
Kurz: Das ballern macht Spaß. Neben dem üblichen Progressions-Zahlenspiel, das sich in vielen Videogames findet, steigt im Laufe der Handlung und während der Hand voll Nebenmissionen auf dem Weg der Weltrang auf. Das geschieht zwar langsam, ist aber unglaublich motivierend, denn: Mit steigendem Weltrang werden nicht nur Gegner zahlreicher und stärker, auch der Loot entsprechend lohnenswerter. Zum Glück hat man hierbei jedoch mitgedacht, und die Möglichkeit eingebaut, diesen Weltrang je nach Lust und Laune zu verändern; sogar mitten im Kampf.
Raue neue Welt
Auf dem neuen Planeten angekommen, macht die zerstreute Menschheit wieder alles falsch, was man hier hätte richtig machen können: Politische Unruhen führen zu Spaltung, Rebellion und schlussendlich Krieg. Rohstoffe werden knapp und in nur 30 Jahren sieht es hier aus wie zuletzt auf Mutter Erde – Bravo. Als sogenannter letzter überlebter Outrider erwachen wir an dieser Stelle aus einem Kälteschlaf und werden Stück für Stück (mehr schlecht als recht, eher zweckdienlich) in die neue, doch kaputte Welt eingeführt. Klar sind wir der letzte Heiland in diesem Elend und müssen alle Retten. Zumindest die, die sich retten lassen wollen.
Die Spielwelt von Outrider ist in mehrere Biome unterteilt, die als optische Versatzstücke getarnte Hubs zwischen den Spielgebieten (welche vollkommen installiert sind) dienen. Vom dichten Dschungel, hinweg über die Wüste bis zu verschneiten Gipfeln ist jeder Augenschmaus für Leveldesign-Freunde mit an Bord. Doch gerade das Leveldesign legt nach wenigen Spielstunden recht früh offen, wieso wir irgendwann nur noch nach bestimmten Punkten Ausschau halten und ansonsten wie ein Derwisch durch die Gebiete ziehen: Es wiederholt sich viel. Und bis auf einzelne wenige Panoramen hat man sich nach wenigen Minuten in den Klimazonen satt gesehen.
Das ist auch der größte Kritikpunkt an Outriders: Die Spielwelt hat irgendwann das größte Feuerwerk verschossen und man kennt jedes Gebiet irgendwann anhand seines sich recht wiederholenden Layouts in und auswendig. Es ist nunmal auch „lediglich“ ein Looter-3rd-Person-Shooter und kein Destiny 2. Was völlig in Ordnung ist, da man so irgendwann die Handlung durch hat und das Endgame hinter sich lassen kann. Auch mal schön.
Synchrones Leveln und Looten
Aber Outriders spielt man nicht wegen der vermeintlichen Rahmenhandlung – obwohl sie hier und da mit spannenden Twists aufwartet. Outriders wird vornehmlich wegen der Balleraction mit Freunden gespielt, von denen bis zu zwei dem Team beitreten können. Richtig gelesen, die Teamgröße ist auf 3 Spieler limitiert; ist halt so. Das mag erst ernüchternd klingen, reicht jedoch völlig aus, wenn man bedenkt dass es sich bei Outriders eben nicht um ein Game as a Service Titel handelt.
Befreundete Spieler und Spielerinnen können je nach Bedarf der Sitzung über die jeweilige Plattform, oder aber auch plattformübergreifend per zufallsgeneriertem Code beitreten. Hierbei wird also die Spielwelt und der jetzige Zustand der Kampagne des jeweiligen Hosts als Grundlage hergezogen. Am Ende der gemeinsamen Zock-Session wird das Level, der Loot, etc vom Charakter mitgenommen und kann in der eigenen Spielwelt beziehungsweise Kampagne oder dem Endgame weitergespielt werden.
Leider bietet das Spiel (Stand heute, auf der PlayStation 5) keinerlei Sprachchat, weswegen wir bei Crossplay-Sessions grundsätzlich auf Alternativen wie beispielsweise Discord ausweichen mussten. Ärgerlich, aber nicht so ärgerlich wie die tagelangen Serverprobleme, mit denen das Spiel zu kämpfen hatte. Jene gehören nun wenigstens schonmal der Vergangenheit an.
Die Beute in Outriders haut anfangs erst niemandem vom Stuhl; drillt uns später jedoch förmlich darauf, sich nicht zu sehr an das aktuelle Loadout aus Kleidungsstücken und Waffen zu gewöhnen. An jeder Ecke der Spielwelt finden sich neue Gegenstände – welche sich glücklicherweise modifizieren lassen. So wird ab einer gewissen Qualitätsstufe die Modifikation der zerlegten Waffe mit in unser Repertoire aufgenommen und kann fortan in jeder Waffe je nach Balancing-Möglichkeiten verbaut werden.
Leider beschränkt sich die Waffenauswahl auf generische Summen, LMGs, Pistolen und Granatwerfern. Granaten gibt es höchstens als Fähigkeit und Munition geht uns auch viel zu oft aus. Ein Borderlands-Katalog darf hier also keineswegs erwartet werden. Dafür bietet Outriders spannende Endname-Inhalte wie etwa Expeditionen, in denen es nur so vor immer stärker werdenden Feinden wimmelt. Wieso man so viel Zeit in das Endgame stecken sollte, da es sich hier nicht um einen GaaS-Titel handelt, bleibt abzuwarten. Diverse DLCs werden vermutlich erscheinen, doch im Kern und seiner Struktur ist das Spiel eine Runde abgeschlossene Sache.