Testbericht: Nanotale: Typing Chronicles

PC-Version, getestet von Timo Schmidt am

Typing Adventures waren vor einigen Jahren noch eine Nische; sind sie heute doch eher ein Geheimtipp für all jene, die spielerisch ihr Muscle Memory weiter schulen wollen. Epistorys geistiger Nachfolger Nanotale vom selben Entwickler will hier noch mal einen drauf setzen und mit einer spannenden Handlung und atmosphärischen Spielwelt trumpfen.

Die Macht der Worte

Ungleich vieler anderer Genrevertreter – so überschaubar die Liste auch sein mag – bietet Nanotale einen überraschend umfangreichen mix aus Kampf- und RPG-Elementen. So boten auch Vorgänger Epistory eher eine rudimentäre Handlung, kaum spielerischen Freiraum und schon gar nicht Skilltrees. Nanotale ist hier anders: Bei unserer Reise durch dichte Wälder, Pilzkolonien und andere abwechslungsreiche Biome übernehmen wir die Rolle von Rosalind, einer jungen Magiern.

Die Welt wird (hauptsächlich zu Fuß, später aber auch auf dem Rücken diverser Reit-Wesen) mit den Pfeiltasten erkundet. Dabei bewegen wir uns recht offen von gebiet zu Gebiet und lösen Rätsel und bekämpfen unterschiedlichste Kreaturen auf unserem Weg. Rosalind weiß automatisch, welches Element in der Spielwelt gemeint ist, wenn das entsprechende Wort (nach Aktivierung des Zaubermodus via Leertaste) getippt wird: Meist ist dem Spiel schon spätestens beim zweiten Buchstaben klar, was unser Ziel ist und so gestalten sich auch kämpfe komfortabel, wenn auch rasant und zuweilen hektisch.

Rosalinds Aufgabe ist hauptsächlich, ihre Welt zu studieren und – welch große Überraschung – ihre Beobachtungen niederzuschreiben. All das verläuft angenehm nahtlos und fügt wunderbar sich in den Core-Gameplay-Loop ein. Erscheint beispielsweise ein Gegner im Blickfeld der tapferen Heldin, schwebt auch schon das zu schreibende Wot über dessen Kopf. Flott eingetippt wird dieser von der Magiern abgewehrt; teilweise auch erst nach mehreren Attacken, was in der Regel aber kein Problem macht: Jeder Angriff kann Gegner ein Stück zurück stoßen. Das ist auch gut so, denn Kontrahenten bewegen sich stets bedrohlich auf uns zu.

Mehr als simple Wortspiele

Was Nanotale hierbei aber von der „Masse“ abhebt sind Rätseleinlagen, die an jeder Ecke der atmosphärisch und optisch ansprechend gestalteten Spielwelt auf uns warten. So rankt sich gefährliches Gestrüpp zuweilen genau dort am Weg entlang, auf dem Rosalind vorbei muss. Jenes lässt sicher aber durch geschicktes Bewässern naheliegender Flammenblüten und anschließendes Platzenlassen (alles mit einem passenden Wort begleitet, welches zu Tippen gilt) entzünden. Solche Momente belohnen nicht nur optisch, sondern bringen oft neue Element-Kombinationen bei, welche bei Kämpfen helfen können.

Das Prinzip greift nämlich auch hier und wird entsprechend mit wachsender Spielzeit zunehmend komplexer. Das sorgt für einen spannenden Mix, der nicht außer Acht gelassen werden darf. Man kann sich in der Theorie auf das einfache Abtippen der Worte über den Gegnerköpfen fokussieren; doch um sich das Leben in Nanotale einfacher zu machen und nicht von der dringlichen Hektik herannahender Feinde in die Knie gezwungen zu werden, bedarf es den Einsatz der Umgebung.

Anstrengend sind hingegen die Bosskämpfe, von denen es eine Hand voll zu bewältigen gibt. Nicht nur, dass man sich auf die Worte des großen Gegners konzentrieren muss, stürmen meist noch 3-8 kleinere Feinde zeitgleich auf uns zu. Da kommt man doch sehr ins Schwitzen und sowas mischt das ansonsten recht leichte Spiel ziemlich auf.

Handlung am Rande

Nanotale kommt mit einer nett inszenierten Haupthandlung daher und scheut sich nicht, ein wenig Arbeit in gut gemeintes Worldbuilding zu stecken. Dankenswerterweise halten sich Gespräche je nach Lust und Laune allerdings im Rahmen. So wird das Gespräch mit in der Spielwelt verstreuten Persönlichkeiten durch Eintippen jeweiliger Stichworte vorangetrieben – wird einem allerdings zu keinem Zeitpunkt aufgezwungen.

Allerdings hilft es natürlich, optionale Kontakte zu knüpfen. So werden teilweise neue Wege offenbart, natürlich Hintergründe der Spielwelt und der teils politischen Situation in der sich Rosalind befindet beleuchtet und es gibt kleinere Aufgaben, die man schon fast als Nebenquests betiteln könnte. So wird also jeder bedient, der mit der passenden Haltung an Nanotale heran tritt und nicht zu viel erwartet. Ist immerhin nach wie vor „nur“ ein Typing-Adventure.

Wertung

Positiv

  • Atmosphärische Spielwelt
  • Überraschend komplexe Mechaniken
  • Flüssiges Kampfsystem
  • Unaufdringliches Worldbuilding

Negativ

  • Flache Rahmenhandlung
  • Kaum Wiederspielwert

Fazit

GC-Wertung
7,5

Mit Nanotale gelingt Entwickler Fishing Cactus erneut, lapidares Gameplay erstaunlich angenehm und ansprechend zu verpacken. Das Spiel bietet eine anschauliche Welt, die es zu Erkunden gilt, immer anspruchsvollere Kämpfe und spannende kleine Rätsel auf dem Weg. Man darf nicht zu viel von der Haupthandlung erwarten, die hier verständlicherweise eher das Grundgerüst für das Gameplay darstellt. Letzteres trumpft mit einer sauberen Umsetzung, die das Verbessern unseres Muscle Memorys und Tastatur-Schreibe zur spaßigen, kleinen Angelegenheit für nur 19,99 € macht.

Vielen Dank an Plan of Attack für die Bereitstellung des Testmusters.