Rollcage-Style
Bei GRIP: Combat Racing wurde Rollcage bewusst als Vorbild gewählt, denn schließlich war das Ziel von Chris Mallinson, quasi ein neues Rollcage zu schaffen. Hierfür konnte er sogar Rob Baker und David Perryman, die bei den ersten beiden Rollcage-Spielen als Programmierer bzw. Designer tätig waren, für sich gewinnen. So entstand der „geistige Nachfolger“ des futuristischen Rennspiels.
Die Besonderheit der Fahrzeuge in GRIP: Oben oder unten ist völlig egal. Nicht nur das GRIP-Logo sieht um 180 Grad gedreht gleich aus, sondern auch die Fahrzeuge. Landet das Fahrzeug auf dem Kopf, fährt es halt ganz ohne Unterbrechung anders herum weiter. Die Kamera wird entsprechend gedreht. Dies ist auch wichtig, wenn mit teilweise über 600 km/h durch die Spielwelt geheizt wird und dabei einige wilde Dreher nicht ausbleiben. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit kann sogar – je nach Strecke – seitwärts an der Wand oder kopfüber an der Decke gefahren werden. Durch die automatische Anpassung der Kamera-Perspektive, ist auf einigen Strecken nicht mehr direkt ersichtlich, wo überhaupt noch oben und unten ist.
Ein weiteres wichtiges Spiel-Element sind die Power-Ups und Waffen. Zwei Stück dürfen bis zur Nutzung aufbewahrt werden. Ein Ablegen ist leider nicht möglich, was sich stellenweise als lästig entpuppt. Diese einfach einzusetzen, um sie loszuwerden, ist riskant. Beim Boost wird das Fahrzeug eher schwer kontrollierbar, in engeren Passagen nicht hilfreich, Raketen explodieren beim unachtsamen Abfeuern direkt vor dem eigenen Fahrzeug. Zumindest im späteren Spielverlauf kann eines der aufgesammelten Power-Ups geopfert werden, um das andere aufzuladen und stärker zu machen.
Der Großteil der Waffen – mit Ausnahme der Power-Ups für Schild und Boost – dient dem Angriff. Auf dem ersten Blick wirkt dies zwar unausgeglichen, andererseits ist es durchaus fair. Für die Verteidigung auf dem ersten Platz reicht das Schild völlig aus. Vom ersten Platz aus noch die Verfolger abzuwehren, quasi wie mit der Banane aus Mario Kart, wäre natürlich schön. Aus der Sicht des Verfolgers mit etwas größerem Abstand ist es allerdings schon schwer genug, da der Großteil der Waffen nur gegen Gegner in der unmittelbaren Nähe wirkt. Gleichzeitig erlauben die Waffen eine taktische Vorgehensweise. Ist mein Vorsprung auf Platz 2 nur minimal, bremse ich kurzerhand ab und feuere eine Waffe ab. Dies könnte spätestens dann hilfreich werden, wenn die Fahrzeuge zerstörbar sind.
Die Strecken sind optisch sehr gelungen und recht abwechslungsreich. Geboten werden futuristische Rennstrecken mit Cyberpunk-ähnlichem Setting, viel sandiges Ödland und auch etwas Natur. In den meisten Fällen, insbesondere zu Anfang, hälft das Streckendesign den Fahrer schon fast automatisch in der Spur, auf manchen Strecken ist allerdings auch ein Sturz in den Abgrund nicht ausgeschlossen. Darüber hinaus bieten viele Kurse alternative Routen. Welche davon die beste und schnellste ist, hängt meist vom Fahrstil ab – und davon, wie viele Konkurrenten ebenfalls auf der Teilstrecke mit Bewaffnung unterwegs sind.
Karriere-Modus mit steigender Schwierigkeit
Wer im Einzelspieler-Modus Spielspaß mit einem Ziel haben möchte, kommt um den Karriere-Modus von GRIP: Combat Racing nicht herum. Dieser kommt klassisch ohne eine kreierte Story oder einem fiktiven Fahrer, der sich in irgendeiner Rennliga zum Profi hocharbeiten möchte, daher. Dies wäre bei diesem Setting eher unglaubwürdig, zumal die Fahrzeuge ohnehin unbemannt sind.
Stattdessen gibt es einen sehr linearen Aufbau mit 11 Rängen, welche mehrere Turniere bieten, die allesamt gemeistert werden müssen. Ein Turnier umfasst wiederum einzelne, meistens drei, Events. Für die Platzierung jedes Events gibt es für die erreichte Platzierung Punkte. Wer am Ende die meisten Punkte erhält gewinnt. Für die Freischaltung des Folge-Turniers wird eine bestimmte Platzierung vorausgesetzt. Glücklicherweise reicht meist der dritte Platz aus, doch selbst diesen zu erreichen, ist kein Kinderspiel.
Bereits im ersten Rang sind die Rennen recht hart umkämpft, selbst wenn mir – teilweise mit Glück – zunächst mehrere Siege in Folge gelangen. Eine einstellbare Schwierigkeitsstufe existiert nicht, stattdessen werden die Rennen mit jedem Rang werden anspruchsvoller. Es kommen neue und kompliziertere Strecken hinzu, die Geschwindigkeit steigt, die Gegner werden schwerer und teilweise erhöht sich die Renndauer. Für etwas Motivation sorgen anfangs neue Renn-Modi und Waffen, die nach und nach freigeschaltet werden.
Es kommt immer mehr auf die Streckenkenntnis, das richtige Fahrzeug und etwas aufs Glück an. Dies gilt insbesondere, wenn am Ende eines „Rangs“ – nachdem die vorherigen Turniere erfüllt wurden –das Duell gegen einen einzigen Rivalen auf der Strecke ansteht. Das Event muss gewonnen werden, damit es weiter geht. Es besteht glücklicherweise nur aus einem Rennen, bei welchem sich Fehler schnell rächen können. Das Aufholen, also der Gummiband-Effekt, ist im gesamten Karriere-Modus deaktiviert.
Der Aufbau der Karriere bietet wenig Freiheiten. Will ich die Kampagne abschließen, so muss ich auch alle Turniere nacheinander absolvieren. Ich könnte nicht gezielt bestimmte Event-Typen vermeiden und stattdessen durch die Wiederholung bestehender Events Fortschritte erzielen. Somit erfordert es durchaus einiges an Training und Streckenbeherrschung, um GRIP: Combat Racing durchzuspielen, ehe der Frust zu groß wird.
Wie gewonnen, so zerronnen …
Am Anfang war die Frustgefahr eher gering, da bei eher einfacheren Strecken die Begrenzungen dazu beitragen, nicht so schnell vom Kurs abzukommen. Oft flog das Fahrzeug unkontrolliert durch die Gegend, kollidiert mit der Wand oder wird von Raketen getroffen. Selbst mehrere Unfälle in Folge sind kein Grund, das Rennen neu zu beginnen. Doch mit zunehmender Schwierigkeit werden die Strecken komplizierter und Fehler immer weniger verziehen.
Niemand darf sich seines Sieges sicher sein. Eine Waffe verlangsamt das gesamte Feld in Abhängigkeit der aktuellen Position teils enorm, wodurch das gesamte Fahrerfeld etwas näher zusammenrückt. Fluch und Segen zugleich ist allerdings eine spezielle Rakete, die es auf den ersten Platz abgesehen hat. Sie fliegt über die gesamte Strecke, vorbei an allen nicht-führenden Gegner, bis sie mit dem Führenden ihr Ziel erreicht. Mit viel Pech folgen innerhalb weniger Sekunden mehrere davon, weswegen es als Erstplatzierter mit größerem Vorsprung ratsam ist, immer mindestens ein Schild auf Abruf zu haben. Bei kleinerem Vorsprung bietet es sich an, den Verfolger vorübergehend passieren zu lassen und ihn der Rakete zu opfern.
Durch die Waffen und weil auch KI-Gegner Fehler machen und sich gegenseitig bekämpfen ist es bei GRIP: Combat Racing glücklicherweise kein Ding der Unmöglichkeit, vom letzten Platz schnell wieder zur Spitze aufzuschließen. Selbst einen verloren geglaubten Sieg konnte ich mir wieder zurückholen, indem ich einen Gegner wenige Meter vor der Ziellinie mit einer Rakete stoppen konnte. So eine Aktion wird dann direkt mit einer Errungenschaft belohnt.
Der Frustfaktor stieg mit der Zeit leider an. Fahrfehler, die mich weiter nach hinten durchreichten, dann gerne auch noch mehrere Raketentreffer nacheinander, die mich im schlimmsten Fall auch noch von der Strecke beförderten, … Wenn dies in der letzten Runde eines Rennens geschieht, ist die Hoffnung auf einen Platz, der für das Weiterkommen in der Karriere hilfreich ist, verschwindend gering. Das sorgte bei mir häufiger für weniger spaßige Phasen, bei denen ich das Spiel nach mehreren gescheiterten Versuchen lieber beendet habe.
Rennen, Zerstörung und Auto-Parkour
Mit sieben Renn-Typen bietet GRIP: Combat Racing etwas Abwechslung, in der Karriere sind allerdings nur fünf davon vertreten. Beim klassischen Rennen entscheidet die Reihenfolge, in welcher die Fahrer durchs Ziel kommen, die Waffen und Power-Ups stehen hierbei komplett zur Verfügung, während bei Tempoteufel lediglich das Feuersturm-Power-Up für zusätzlichem Boost einsammelbar ist. Ebenfalls mit voller Bewaffnung finden die Eliminierungsrennen, bei welchem alle 30 Sekunden der Letzte ausscheidet, sowie die ultimativen Rennen, bei welchen Punkte für mit Waffen verursachte Schäden gemeinsam mit der Platzierung zählen. Nur als erster durchs Ziel zu kommen, reicht also nicht unbedingt aus.
Mein Lieblingsmodus sind die Arena-Deathmatches, weil dort das fahrerische Können nicht ganz so entscheidend ist und es vielmehr darauf ankommt, sich schnell Waffen zu ergattern und die Gegner zu zerstören. Ein großes Geschwindigkeitsgefühl ist dort kaum mehr vorhanden und dadurch, dass in jedem Spielmodus nur maximal 10 Fahrzeuge auf der Strecke bzw. in der Arena sind, ist es oftmals erforderlich, erst mal herumzufahren und die Gegner zu suchen – und diese anzuvisieren, ehe sie sich wieder in Sicherheit gebracht haben. Gleichzeitig ist dadurch allerdings nicht zu befürchten, quasi im Sekundentakt selbst von allen Seiten beschossen zu werden.
Neben der Karriere existiert noch der Einzelspieler-Modus, bei welchem einzelne Renn-Typen und Strecken mit den gewünschten Spielregeln zur Auswahl stehen. Hier gibt es noch zwei weitere Events: Zeitfahren und Carkour. Im Zeitfahren können die Strecken ganz allein erprobt und trainiert werden. Nur die Zeit läuft mit und ab der zweiten Runde befindet sich auch ein Geist der besten Runde auf der Strecke. Leider existiert beim Beenden des Zeitfahrens keine Zusammenfassung der Zeiten, die Bestzeit und der Geist werden auch nicht gespeichert. Ein Vergleich mit Zeiten von Freunden entfällt somit ebenfalls.
Bei Carkour handelt es sich um Parkour mit einem Fahrzeug – ganz im Trackmania-Stil mit Sprüngen und Loopings. In möglichst geringer Zeit gilt es mit ausreichendem Geschick und Timing ohne Gegner zu den Ziel-Markierungen zu gelangen. Beim Sturz in den Abgrund wird der Durchlauf automatisch neugestartet. Leider gilt hier ebenso: Keine Information zur bisherigen Bestzeit. Dadurch, dass alle Carkour-Events direkt freigeschaltet sind, ist nicht mal ersichtlich, welche überhaupt erfolgreich absolviert wurde.
Level-System und Design-Freischaltungen
Um Spieler auch bei Misserfolgen zu motivieren, sind Level-Systeme mit Erfahrungspunkten und Freischaltungen dankbar. So belohnt auch GRIP: Combat Racing nicht nur für die Platzierung, sondern zudem den Einsatz der Waffen und weitere Aktionen mit Erfahrungspunkten. Zum Level-Aufstieg winken neue Fahrzeuge und viele optische Komponenten, beispielsweise neue Aufkleber und Reifen für das eigene Fahrzeug-Design. Diese ermöglichen zusammen mit der Auswahl mehrerer Farbflächen die individuelle Anpassung des aktuellen Gefährt, allerdings mangelt es an einer Speichermöglichkeit des Designs, um dies einfach für andere Fahrzeuge zu übernehmen. Bei jedem Fahrzeugwechsel ist das Design somit verloren.
Da ich kein Fan von besonderen Individualisierungen bin, bot das Level-System schnell keinen großen Reiz mehr. Das letzte und schnellste Fahrzeug wurde mit Level 20 freigeschaltet, war aber aufgrund seiner Eigenschaften nicht unbedingt die beste Wahl für die Rennen. Fahrzeug-Upgrades oder Tuning-Möglichkeiten werden nicht geboten. Seit dem großen Update im April 2019 gibt es insgesamt 40 Level, die entsprechend noch mehr kosmetische Gegenstände freischalten, doch ansonsten keine spielerischen Vorteile bieten, auf die Spieler hinarbeiten könnten.
Gute Grafik ohne Wow-Effekt
Für die technische Umsetzung wurde auf die Unreal Engine 4 gesetzt, was für eine halbwegs moderne Optik sorgt; sogar HDR steht als Option zur Verfügung. Die Systemanforderungen sind niedrig (eine GeForce 970 wird empfohlen, als Minimum reicht sogar eine GeForce 560), sodass bei modernen System eine gute Performance gewährleistet ist. Bei mir traten keinerlei Probleme auf.
Dennoch: Schaut man sich das Video von 2015 an, so scheint es gegenüber damals keine allzu großen Fortschritte zu geben. Ein Wow-Effekt bleibt aus. Keine Wetter-Effekte (bei Rollcage Stage II gab es Schnee), dafür zumindest unterschiedliche Tageszeichen. Mir sagen futuristische Rennspiele am meisten bei einer eher dunklen Umgebung mit vielen Licht-Effekten und Spiegelungen zu. Das sucht man leider vergebens. Insbesondere bei den Rennen im Freien hätte das futuristische Setup schon etwas deutlicher ausfallen dürfen.
Dank Nvidia Highlights werden bestimmte Szenen, die zu Achievements führen, abgespeichert. Einen eigenen Foto-Modus bietet GRIP: Combat Racing zwar nicht, dafür kann allerdings auch Nvidia Ansel genutzt werden. Funktioniert hervorragend, nur das Filmkorn sollte zuvor in den Spiel-Einstellungen deaktiviert werden, ansonsten sind die Screenshots nicht sehr ansehnlich. Voraussetzung für die beiden Features ist eine Nvidia-Grafikkarte und GeForce Experience.
Die Menü-Steuerung ist hingegen manchmal etwas merkwürdig gestaltet. Beim Betreten der Karriere-Modus steht „Neue Karriere“ ganz oben und ist vorausgewählt – dabei wäre es doch naheliegend, dass ich die Karriere fortführen möchte. Dort ist dann wiederum Rang 1 gewählt, auch wenn ich schon viel weiter bin. Mit dem Xbox-Gamepad erfolgt die Auswahl der Einträge manchmal mit „A“ und manchmal mit „Y“, was ebenfalls nicht sonderlich intuitiv ist.
Das Spielen mit der Tastatur ist möglich, ein Gamepad ist allerdings empfehlenswert. Lenkräder werden aktuell nicht unterstützt, wenngleich die Entwickler dies laut Steam-Forum gerne implementieren wollten. Vielleicht folgt dies noch mit einem späteren Update. Die Steuerung und das Kamera-Verhalten passen grundsätzlich gut, nur sehr selten zeigt die Kamera nach einer Kurve längere Zeit seitlich auf das Fahrzeug, wodurch das eigentliche Geschehen voraus nicht sofort sichtbar ist.
Multiplayer mit wenigen Teilnehmern
Wer keine Lust hat, nur gegen KI-Gegner zu spielen, kann auf den Multiplayer-Modus zurückgreifen. Erwähnenswert sind dabei ein lokaler Splitscreen-Modus für bis zu vier Spieler am selben PC bzw. der Konsole sowie LAN-Support – früher schon fast Standard, heutzutage eher eine Seltenheit. Darüber hinaus darf sich Online mit neun anderen Spielern gemessen werden. Leider war zumeist nur eine einzige Lobby vorhanden, die nur spärlich gefüllt war. Hier empfiehlt sich dann mitunter ein Blick in Discord, um nach Spielern zu suchen oder zu schauen, wann die Caged Elements selbst zum Spielen einlädt.
In den Mehrspieler-Rennen gelten dann die selben Bedingungen wie im Einzelspieler-Modus. Das Fahrerfeld wird automatisch durch KI-Gegner vervollständigt, sodass selbst bei nur drei menschlichen Spielern insgesamt 10 Fahrzeuge am Rennen teilnehmen. Welche Strecke für das Rennen bzw. für das Arena-Deathmatch zum Einsatz kommt, darf im Vorfeld abgestimmt werden. Die Fahrzeugwahl ist frei und dabei fair und ausgeglichen, schließlich ist es ohnehin ein Spagat zwischen Geschwindigkeit, Beschleunigung und passendem Handling.
Dadurch, dass es Sinn der Sache ist, sich gegenseitig von der Strecke zu drängeln und zu schießen, bleibt der Ärger über Trolle glücklicherweise aus. Ohne die Spieler-Anzeige war teilweise nicht mal ersichtlich, ob ich mich gerade mit einer KI oder einem Menschen duelliert habe. Für die Online-Rennen werden ganz gewohnt Erfahrungspunkte verteilt, doch letztlich war die Spielerfahrung gegenüber dem Einzelspieler-Modus kaum eine Abwechslung. Mir fehlte die Motivation, da selbst dort nur optische Anpassungen freigeschaltet werden.
Zumindest eine kleine Anpassung, die nur für den Multiplayer-Modus gilt, folgte mit dem April-Update: Im Team-Modus treten ein rotes und ein blaues Team gegeneinander an. Dadurch, dass dabei nicht jeder gegen jeden kämpft, verringert sich die Gefahr quasi um die Hälfte. Es gewinnt schließlich das Team, das insgesamt am besten abschneidet. Nur den Gesamtsieger zu stellen reicht hierbei nicht aus.