Testbericht: Starlink: Battle for Atlas

Switch-Version, getestet von Timo Schmidt am

Mit Starlink: Battle for Atlas bringt Ubisoft Toronto und der gleichnamige Publisher aus Frankreich ein neues Abenteuer auf die Heimkonsolen Xbox One, Playstation 4 und Nintendo Switch. Die besondere Prämisse: Ungleich rein digitaler Inhalte bringt Starlink physikalische Raumschiffe, Spielfiguren und aufsteckbare Waffen mit. Diese können während des Spielens simpel gewechselt werden und nehmen so aktiv Einfluss auf das Spielprinzip. Das sogenannte „Toys-to-Life“-Prinzip birgt viele Vor- aber auch große, vielerorts kritisierte Nachteile. Das muss per se nicht nur Schlechtes bedeuten; so packt Ubisoft noch eine große Spielwelt und viele Gameplay-Kniffe obendrauf. Wir durften das Spiel auf der Nintendo Switch in der plattformexklusiven Starfox-Edition ausgiebig testen.

(Tolle) Inszenierung und Fanservice

Starlink: Battle for Atlas beginnt sehr pompös: Die Crew der Equinox wird von den mysteriösen Vergessenen angegriffen. Sie haben es offenkundig auf die alte Technologie der ausgestorbenen Hüter abgesehen. Diese findet sich im experimentellen Antriebskern der Equinox und wurde von deren Kapitän entwickelt. Dieser wird kurzerhand von den Vergessenen entführt und das Schiff der Crew muss auf einem unbekannten Planeten notlanden.

So weit, so gut, so simpel – wäre da nicht der intelligente PR-Kniff in Zusammenarbeit mit Nintendo: Im Gegensatz zu der PS4- und Xbox-One-Fassung haben wir auf dem Nintendo Switch die Möglichkeit, das Spiel als Videospiel-Ikone Fox McCloud aus der Starfox-Trilogie durchzuspielen. Mitsamt seinen berühmten Kollegen und den passenden Schiffen. Heißt: In der Einstiegssequenz und allen Abschnitten des Spiels wurden gekonnt Fox und seine Kumpane eingebaut – inklusive passender Vertonung. Cool!

Generell sind das Spiel und alle seine Zwischensequenzen auch im Deutschen wunderbar vertont: Wenn die Crew über die weitere Vorgehensweise gegen die Vergessenen diskutiert, oder mit einheimischen Lebewesen über Rohstoffe und Informationen verhandelt, wird meist der richtige Ton getroffen. Hierbei arbeitet Ubisoft Toronto viel mit animierten Video-Einblendungen im Spiel – gelegentlich gibt es aber auch nur Standbilder und Text, was dann besonders verwirren kann.

Kein AAA (das nötig wäre)

Leider fällt allerdings recht schnell auf, dass man von der Handlung Starlinks keinen AAA-Titel erwarten darf. Ein Beispiel: Warum wir die einheimischen Kreaturen an ihren Basen und Forschungsstationen partout verstehen können, ist nicht ganz klar. Zwar findet sich in dem Intro eine Szene, in der das ikonische unverständliche Gequake von Fox McCloud und seiner Crew übersetzt werden muss – aber weiter wird die Thematik nicht aufgegriffen.

Generell will Starlink: Battle for Atlas hier auch eher mit einer gewissen epischen Erzählweise und stumpfer Heroik trumpfen. Viele Fragen, die in die Tiefe gehen, bleiben zumeist offen und kommen keiner Erklärung nach. Logisch: Die Zielgruppe des Spiels ist vermutlich kaum der kritische Erwachsene; der vielleicht höchstens ob der Nostalgie und wegen des Merchandisings zugreift – daher auch nicht viel mehr erwartet.

Der Fairness halber lässt sich aber sagen, dass die Charaktere durch die Bank liebevoll gestaltet wurden. Jeder hat seinen Tick und immer wieder einen flotten Spruch auf Lager. Schade nur, dass die ganzen anderen Piloten und ihre Schiffe abseits von einigen wenigen Zwischensequenzen nach dem Intro einfach spurlos verschwinden und wir zumeist allein auf den sieben, weitläufigen Planeten unterwegs sind. Zwar besteht Fox‘ Spezialfähigkeit (von der jeder Pilot seine eigene besitzt) darin, seine Starfox-Freunde als Unterstützung zu rufen; diese weichen nach einer knappen Minute allerdings wieder von seiner Seite.

Hinsichtlich des Toy-to-Life-Konzepts können wir diesen Kniff zwar verstehen (immerhin wollen Piloten, Raumschiffe und Waffen separat gekauft werden) – doch selbst die namensgebende Starlink-Technologie, welche überhaupt erst das nahtlose Wechseln der Teile und das Reisen durch die Galaxie ermöglicht, wird einige Stunden später kaum weiter beleuchtet. Schade.

Sean Murray wäre stolz

Das Spielprinzip Starlinks lässt sich leicht herunter brechen: Es wirkt wie ein No-Man’s-Sky-Klon auf Steroide. Sean Murrays diffamiertes Sandbox-Adventure bietet ebenfalls frei erkundbare Planeten und einen nahtlosen Übergang zwischen Atmosphäre und Weltall. Auch die Farbgebung und die Modelle im Spiel erinnern wirklich stark an das Spiel mit der vermutlich negativsten Steam-Bewertung aller Zeiten. Doch hier ist auch schon die Linie zu ziehen, denn in Starlink befinden wir uns in Third-Person-Ansicht stets hinter dem Steuerknüppel eines Raumschiffs.

Der Kampf um Atlas greift zwar auf ähnliche Spielmechaniken zurück, bietet im Kern aber einen sehr überschaubaren Gameplay-Loop: Planet scannen, diesen anfliegen und nebst einnehmbaren Zonen die Karte sowie Tierwelt erkunden. Klingt im Prinzip sehr simpel und öde, ist aber schön in Szene gesetzt. Der Übergang vom All zur Planetenoberfläche geschieht auch hier nahtlos und es ist immer wieder spannend, die Klimazone eines der sieben Planeten zum ersten Mal zu erblicken.

Im Grunde wird jedoch schnell klar: Das Gameplay beschränkt sich nebst gelegentlichen Dogfights (ganz in spaßiger Starfox-Manier) gegen Piraten im All auf die immer wiederkehrende Notwendigkeit der Erkundung, beziehungsweise Entdeckung. Jeder Planet liefert eine Handvoll Tierarten, von denen wiederum eine Handvoll Exemplare gescannt werden müssen. Das geschieht ganz einfach per Umfliegen der Monstrosität. Das war es aber auch schon seit zur Flora & Fauna.

Des Weiteren befindet sich auf jedem Plant eine Handvoll Türme der Vergessenen, welche zerstört werden wollen. Auch ein Paar Forschungsstationen von ansässigen Lebewesen wollen begutachtet werden. Hier bekommen wir Aufträge, wie etwa Menge X eines bestimmten Rohstoffes zu organisieren. Dies erhöht die Stufe der Forschungsstation und deckt so weitere Teile der Planeten-Kartographie auf.

Toy-to-Life, oh Toy-to-Life

Nun der große Knack-Punkt des Spiels: Das eigentlich maßgebende Toys-to-Life-Konzept. Es ist cool und macht in gewisser Weise definitiv Spaß, im Spiel ohne (und wenn optionaler) Unterbrechung die Waffen und Schiffe wechseln zu können. Das Spiel kommt mit einem JoyCon-Halter daher, in das die kleinen Switch-Controller gesteckt werden. Auf der Oberseite befinden sich Schnittstellen für den Piloten und das Raumschiff. An letzterem wiederum sind Schnittstellen für jeweils Flügel und Waffen angebracht. Hierbei ist unerheblich, auf welcher Seite oder wie herum eine Waffe aufgesteckt wird – was sich dann auch im Spiel wiederspiegelt. Cool: Nach hinten schießen ist möglich, wenn man die Waffen einfach anders herum aufsteckt.

Bei genauer Betrachtung fällt jedoch auf, wieso Ubisoft auf das Prinzip setzt: Wer alle Waffen und Raumschiffe des Spiels besitzen möchte, muss zunächst ziemlich tief in die Tasche greifen. Die Preise sehen wie folgt aus:

  • Ein Raumschiff mit jeweils einer Figur und einer Waffe – rund 28 €
  • Ein einzelner Pilot – rund 10 €
  • Eine einzelne Waffe – rund 16 €

Das Spiel für kostet als solches 69,99 € und bringt nebst Starter-Pilot noch Piloten Fox McCloud, sein Schiff und zwei Waffen. Wer also nur alle sechs Schiffe des Spiels besitzen will, darf nochmal mindestens 128 € hinblättern. Das wären beinahe 200 € inklusive Starter-Version, exklusive Waffen.

Immerhin: Es gibt die rein digitale Komplett-Edition mit sämtlichen Inhalten (nur eben ohne Spielzeug) für rund 90 – 100 €. Bei dieser Variante fällt das Toys-to-Life-Prinzip zwar gänzlich ins Wasser, aber man hat die Möglichkeit alle Spielinhalte zu komplettieren. Denn – das ist auch schon der mitunter größte Haken am Titel – nicht alle Aufgaben und Aktivitäten der Spielwelt lassen sich mit allen Waffenarten bewältigen. Wer das Spiel auf 100 % bringen will, muss also zwangsläufig die Geldbörse zücken.

Grundsätzlich ist das Ganze ein durchaus raffinierter Schachzug von Ubisoft und dürfte gerade bei der jüngeren Generation viel Gehör finden. Eltern sind unter Umständen ja generell spendabler, was „Kleinigkeiten“ im Alltag als Erziehungsmaßnahme betrifft: Mal hier eine neue Waffe, mal da ein weiteres Schiffs-Set für die gute Mathe-Note. Das Konzept geht für den Publisher und Entwickler also voll auf. Doch ist das fair?

Immerhin: Wer die physikalische Fassung besitzt, kann auch mal im Handheld-Modus unterwegs spielen, denn einmal genutzte „Toys“ bleiben bis zu 30 Tage rein digital verfügbar. Eine Sache, die gegebenenfalls die Möglichkeit eröffnet, Waffen und Schiffe nach Bedarf mit Freunden zu tauschen – denn grundsätzlich sind alle Starlink-Erweiterungen plattformunabhängig. Ein Trost in Anbetracht der Preise, obgleich einer der schwachen Sorte.

Ansehnlicher Hybrid-Port

Technisch brilliert Starlink: Battle For Atlas, welches ebenfalls in deutlich hübscherer Fassung auf der Playstation 4 und Xbox One spielbar ist, auch auf der Nintendo Switch. Hier werden zwar auf diverse Zusatzeffekte wie Tiefenunschärfe und Screen-Space-Reflexionen verzichtet – dennoch macht das Spiel auf dem Handheld-Hybriden aus Japan eine erstaunlich gute Figur.

Die Spielwelten, beziehungsweise einzelnen Planeten unterscheiden sich gerade in der Farbgebung und dem Ambiente stark voneinander und auch der Übergang zwischen Flug und dem Boden-Modus verläuft stets flüssig. Lediglich manche Geometrie-Objekte (Pflanzen, Bäume, Felsen, etc.) tauchen vereinzelt etwas spät auf – jedoch nie derart spät, dass man in sie hineinfliegen könnte. Leider sind Flora und Fauna abseits statischer Objekte recht limitiert: Tiere finden sich nur gelegentlich und auch sonst besteht generell viel leere Fläche auf den Himmelskörpern.

Beim fließenden Übergang ins Weltall bemerkt man allerdings erneut, wieviel Schweiß in die Entwicklung des Spiels und auch Optimierungen der Nintendo Switch Fassung floss: Die dunkle Farbgebung und dezente Bewegungsunschärfe setzen ein, während wir durch die oberste Schicht der Atmosphäre brechen. Der Stern sorgt für schöne Blendeffekte auf unserem Schiff und die Blaster-Schüsse und Raketen – sowie Explosionen – bieten ein schickes Partikelschauspiel.

Generell unterscheidet sich die Switch-Fassung hauptsächlich hinsichtlich der Detail-Dichte und Dinge wie der Mangel an genauen Spiegelungen von PS4 und Xbox One – etwas, das man gut verkraften kann. Leider bricht die Bildrate gelegentlich gerade im Handheldmodus nicht selten ein und die Auflösung ist deutlich geringer als im Dock-Modus. Abseits hiervon gibt es wenig zu bemängeln und wir können die Switch-Portierung in technischer Hinsicht bedenkenlos empfehlen.

Wertung

Positiv

  • Toller Fanservice auf der Nintendo Switch
  • Liebevolle gestaltete Charaktere und Umgebungen
  • Hochwertiges T2L-Merchandise
  • Viel zu erledigen und entdecken
  • Überraschende Technik, selbst portabel

Negativ

  • Kritisch zu hinterfragende Toy-to-Life Umsetzung
  • Große Logiklöcher in Handlung und Reaktionen der NPCs
  • Aufgaben wiederholen sich auf jedem Planeten
  • Viel, leider sehr belangloses Sammelbares

Fazit

GC-Wertung
7,0

Starlink: Battle For Atlas ist ein neuer Versuch, das Toys-to-Life-Prinzip an den Mann zu bringen. Klingt eingangs tatsächlich wie bereits erwähnt schlimmer, als es sich in der Praxis herausstellt. Die Charaktere der Handlung sind liebevoll gestaltet, obgleich sie fern der Zwischensequenzen kaum Auftritte bieten. Sie sind hauptsächlich erwerbbare Protagonisten, deren Rolle und Fähigkeiten ihr übernehmen könnt. Die Geschichte rund um den Starlink-Antrieb ist amüsant inszeniert, stellt aber wenig Ansprüche: Die Integration der Starfox-Crew in der exklusiven Nintendo-Switch-Fassung hingegen punktet mit starkem Fanservice. Die Portierung des Spiels ist ebenfalls recht gut gelungen und auch auf dem Handheld-Hybriden kann sich das Weltraumabenteuer durchaus sehen lassen.

Leider lässt sich das Spiel nicht mit dem Starterpaket komplettieren und wer mehr als nur die Haupthandlung abschließen möchte, muss zwangsläufig für diverse Module in die Tasche greifen. Hier hilft zwar ein digitales Komplettpaket – ob dessen Preis von knapp 100 € jedoch gerechtfertigt ist, ist kritisch zu hinterfragen.

Vielen Dank an Ubisoft für die Bereitstellung des Testmusters.