Oberflächliche Weltuntergangsgeschichte
Die primäre Geschichte der Trilogie ist die Entwicklung der Archäologin Lara Croft selbst. Seit dem Beginn der Story in Tomb Raider von 2013 musste sie sowohl physisch als auch psychisch so einiges einstecken. Am meisten dürfte womöglich die emotionale Szene in Erinnerung geblieben sein, als Lara das Reh getötet hat. Danach verlief die Bad-Ass-Mutation bereits zum Einstieg der Trilogie so schnell, wodurch darauf aufbauend keine glaubwürdige Charakterentwicklung für die weitere Erzählung mehr möglich war.
In Rise of the Tomb Raider bekam Lara es mit der Trinity-Orden zu tun, der, wie sich später herausstellt, ihren Vater tötete. Vereinfacht gesagt geht es der Organisation darum, die Weltherrschaft an sich zu reißen, nur halt mithilfe mystischer Kräften anstelle nuklearer Waffen – schließlich handelt es sich um ein Adventure im Indiana-Jones-Stil und um keinen Weltkriegs-Shooter. Lara, die alles andere als dumm ist, wollte Trinity zu Beginn von Shadow of the Tomb Raider bei der Beschaffung eines Dolches zuvorkommen. Ganz wohlüberlegt war die Aktion allerdings nicht, hat sie damit doch gewissermaßen einen Weltuntergang in Gang gesetzt.
Während Lara mit den katastrophalen Folgen leben muss, gilt es im Wettkampf gegen den Trinity-Orden direkt das nächste Artefakt zu besorgen. Obwohl sicherlich die Rache eine kleine Rolle spielt, steht dieses Mal das Wohle der Menschheit im Vordergrund. Eine allzu tiefgründige Story darf nicht erwartet werden. Es ist quasi ein kleiner roter Faden, an welchem sich die Action und Rätsel entlanghangeln sollen.
Immerhin ist auch ein Abschnitt aus der Kindheit von Lara spielbar. Schon damals war sie gebildet, neugierig und abenteuerlustig. Dies wird mit einigen Kletterpartien sowie einem Rätsel auf dem schönen Croft-Anwesen unter Beweis gestellt. Ein schöner, friedlich wirkender Kontrast zu Lara, die in den knapp 20 bis 25 Stunden Spielzeit ansonsten allmählich zum Rambo mutiert. Wer nach dem Story-Abschluss nicht genug hat, kann im Modus „Neues Spiel +“ die Story mit bereits freigeschalteten Fähigkeiten fortführen und sogar noch drei zusätzliche Skills bietet.
Beeindruckendes Erlebnis
Shadow of the Tomb Raider offenbart sich früh als beeindruckendes audiovisuelles Erlebnis bietet. Grafisch war bereits der Vorgänger Rise of the Tomb Raider sehr gelungen, doch Eidos Montreal wusste genau, wie sie bestimmte Abschnitte eindrucksvoll in Szene setzen können. Die frühe Szene in Mexiko wirkte schon fast wie ein interaktiver Benchmark, denn spielerisch geschieht hier so gut wie gar nichts, doch der Abschnitt lädt dazu ein, die Grafik zu genießen.
In den Sequenzen beobachtete ich Lara sehr gerne, denn abgesehen von der hübscheren grafischen Darstellung fällt vor allem die hervorragende Mimik und Gestik auf. Schade nur, dass das Gesicht im Spielgeschehen selbst nicht annähernd so detailliert dargestellt wird, wie in den Zwischensequenzen. Hier sehe ich keinen allzu großen Sprung gegenüber dem Vorgänger, doch im Normalfall ist Lara ohnehin nur von hinten zu sehen. Dort gibt es aus grafischer Sicht nichts auszusetzen, ihre Haare werden mit der als Pure Hair bezeichneten auf TressFX 3.0 basierenden Technologie animiert. Wer der Meinung sein sollte, dass Lara es im Gegensatz zu früher an Sexappeal fehlt, darf gerne das Outfit von Tomb Raider 2 auswählen. Dann gibt es die Darstellung in der klassischen Grafik, die nicht gerade von Details strotzt und keinerlei Mimik bietet.
Beim Betreten neuer Areale oder Gräber wird dem Spieler ein Augenblick geboten, um zunächst einmal die schöne Szenerie mit einem schönen Ausblick genießen zu dürfen. In Zwischensequenzen wird stellenweise die Tiefenschärfe reduziert, was unter Umständen ein hübsches Bokeh bietet. Der Anblick des Spieles hat bei mir häufiger Wow-Momente ausgelöst, darunter auch das erste Betreten des dicht bewachsenen Dschungels, in dessen Bäumen Affen zu sehen waren, während die Sonne durch einige Lücken in den Baumkronen hindurchscheint und ein gutes Zusammenspiel von Licht und Schatten bietet. In der Natur sind zudem Vögel, Frösche, Wildschweine, Rehe und seltener auch Leoparden oder Wölfe anzutreffen. Zwar existieren auch Käfer und Spinnen, jedoch nicht unbedingt in Form von Insekten, die als Detail für die Natur dienen, sondern mehr als Ressource – dementsprechend sind diese auch etwas größer.
Obwohl die Spielwelt aufgrund ihrer detailreichen Darstellung recht authentisch wirkt, ist in den Dörfern noch Luft nach oben. Zwar gibt es dort einigermaßen beschäftigt wirkende Menschen samt spielenden Kindern, dennoch machen die Dörfer keinen besonders belebten Eindruck. Hinzu kommt, dass viele Personen ziemlich ähnlich aussehen. Die geringe Kleidungsvielfalt hängt womöglich mit der Kultur zusammen, schwarze Haare sind dort offenbar ebenfalls üblich, doch wenn sogar Friseuren nicht allzu unterschiedlich ist, bleiben lediglich die auf den ersten Blick ähnlich aussehenden Gesichter zur Unterscheidung der Zivilisten.
In der deutschen Sprachausgabe wird Lara Croft wie im Vorgänger wieder von Maria Koschny synchronisiert, die vor allem als Synchronstimme von Jennifer Lawrence bekannt sein dürfte und meines Erachtens wieder einen hervorragenden Job gemacht hat und gibt die Emotionen sehr gut wider. Gleiches gilt auch für den deutschen Sprecher von Jonah. Die Synchronisation fällt größtenteils lippensynchron aus, sowohl in den Sequenzen als auch bei der freien Bewegung im Spiel. Eine nette Sache ist die optionale Einstellung, die Bewohner für etwas mehr Authentizität in ihrer Stammessprache sprechen zu lassen.
Der Komponist Brian D’Oliveira steuerte eine zum Setting passende Musik bei, welche sich beim normalen Spielgeschehen im Hintergrund hält, während sie bei actionreicheren oder dramatischen Sequenzen sowie in Kämpfen deutlich präsenter wird. Die Titelmusik von Tomb Raider (von 2013) ist in abgewandelter Form mit eingearbeitet, ist aber nun deutlich seltener zu hören. Auf der X-Box-One-Version wird sogar Dolby Atmos geboten. Beim PC ist dies, die Windows-10-App Dolby Access vorausgesetzt, prinzipiell auch möglich. Aufgrund von Problemen wurde die Unterstützung per Patch komplett deaktiviert, bis eine für alle Spieler funktionierende Lösung gefunden wird.
Laufen, springen, klettern, schwimmen …
Obwohl Shadow of the Tomb Raider ganz klar ein Action-Adventure ist, enthält es zugleich viele Elemente anderer Genres. Natürlich möchte ich es nicht ernsthaft mit einem klassischen Jump ’n’ Run vergleichen, doch mehrmals gibt es gescriptete Sequenzen, in denen ein Teil der Umgebung zerstört oder Lara gejagt wird. Hier heißt es: Füße in die Hand und dem vorgegebenen Weg rennen, solange sich dieser noch unter den Füßen befindet, und zwischendurch noch springen und klettern. Mir haben diese Sequenzen sehr gefallen, weil das Spiel mit dieser Dramatik etwas mehr Tempo aufnimmt. Dennoch gut, dass es nicht mehr dieser Abschnitte gab, denn spielerisch war dies nicht allzu anspruchsvoll. Zumindest bestand hierbei wenig Frustgefahr – selbst, wenn ein Sprung mehrmals nacheinander misslungen ist.
Bei dem restlichen Spielverlauf läuft es größtenteils ruhiger ab, doch springen, klettern, schwingen und schwimmen gibt es nahezu in jedem Areal. Deutlich mehr Abschnitte finden unter Wasser statt. Damit es in den Unterwasser-Gebieten eine Überlebenschance gibt, haben die Entwickler in regelmäßigen Abständen Stellen zum Luftschnappen platziert, welche von Luftblasen gekennzeichnet sind. Zu einfach sollte es allerdings nicht werden, weshalb es Piranha-Schwärme und Muränen gibt, die es zu meiden gilt. Die Piranhas zerfleischen Lara recht zügig, die Muränen versuchen es mit Erwürgen, lassen sich aber noch mit dem Messer abwehren.
Auch beim Klettern wurden kleinere Neuerungen geschaffen. Von Beginn an kann Lara sich abseilen, um tiefe Stürze zu vermeiden, sich auf andere Plattformen zu schwingen oder mit einer Art Wallrun am Seil seitlich zur gewünschten Stelle zu gelangen. Zu einem späteren Zeitpunkt ist mit passender Ausrüstung sogar das Über-Kopf-Klettern möglich. Die zusätzlichen Möglichkeiten bieten jedoch keine zusätzliche spielerische Freiheit, weil es bei Kletterpassagen letztlich nur einen festgelegten Weg gibt und das Klettern nur an vorbestimmten Stellen überhaupt möglich ist. Einfach jeden beliebigen Baum hochklettern, ist nicht möglich. Einerseits ist die starre Vorgabe etwas schade, doch sie passt zum eher linearen Spielablauf.
Halboffene Spielwelt mit Sammelwahn
Bis Lara und Jonah in Peru eintreffen, ist der gesamte Spielablauf sehr linear. Im fiktiven Dorf Kuwaq Yaku angekommen zeigt sich aber der bereits bekannte Charakter der halboffenen Spielwelten: In Gesprächen mit den Bewohnern tauchen erste Nebenaufgaben auf und auf der Karte werden diverse Geheimnisse aufgedeckt, die auf ihre Erkundung warten. Die Basiscamps dienen erneut der Schnellreise zu anderen, bereits entdeckten Überlebensverstecken sowie zum Herstellen von Upgrades, dem Freischalten von Fähigkeiten sowie dem Wechseln des Outfits.
Überall in der Spielwelt sind Bergungsgüter und diverse Ressourcen aus der Natur auffindbar. Erstmals können gesammelte Gegenstände bei Händlern in den Dörfern verkaufen, um dann mit der ingame-Währung Waffen, Outfits, Ausrüstungsverbesserungen, Munition und mehr zu kaufen. Leider fehlt beim Waffenkauf eine Vergleichsanzeige der Attribute zur aktuell ausgerüsteten Waffe. Aber Vorteil einer vermeintlich besseren Waffe wäre ohnehin kaum spürbar.
Die Nebenaufgaben sind größtenteils anspruchslos, sodass hier nur von einem Punkt zum nächsten gelaufen werden darf, um beispielsweise irgendwelche Sachen zu suchen oder mit Personen zu reden. Die finanzielle Belohnung fällt dabei teilweise lächerlich gering auf, was angesichts der wenig lukrativen Verkaufsgegenstände ohnehin zu vernachlässigen ist.
Für den fleißigen Archäologen gibt es zusätzlich noch diverse Dokumente und Artefakte. Spieler mit Crafting und Sammel-Aufgaben zu beschäftigen, funktioniert oftmals gut. In Shadow of the Tomb Raider wurde damit jedoch etwas übertrieben. Mithilfe von Wandgemälden lernt Lara neue Sprachen. Diese sind allerdings nur erforderlich, um die in Hinweise auf Monolithen entschlüsseln zu können, die wiederum auf versteckte Geheimnisse in der Umgebung hindeuten. Die Botschaft zusammen mit dem auf der Karte eingekreisten Gebiet helfen dabei, ein Versteck mit Gegenständen relativ einfach aufzuspüren. Die Belohnung: Irgendwelches Zeugs und die Befriedigung des Sammeltriebs.
Wozu dann überhaupt diese halboffene Spielwelt? Ganz einfach: Um bereits absolvierte Abschnitte erneut besuchen zu können und dort bisher verpasste Geheimnisse auf der Jagd nach 100 % nachträglich ausfindig machen zu können. Grundsätzlich bietet Shadow of the Tomb Raider die richtige Mischung: Ein linearer Verlauf, aber mit zusätzlichen Abzweigungen für weitere Erkundungen, für die Sammelfreunde wiederholbare Abschnitte und einige Dörfer mit optionalen Zusatzaufgaben und Händlern. In den Vorgängern waren die Vorteile hierfür allerdings noch spürbarer, währen dieses Mal zum eher unnötigen Sammelwahn verleitet wird.
Crafting für nicht-erforderliches Equipment
Der Sammelwahn macht sich auch bei der Vielzahl an Ressourcen, darunter Holz, Federn, Gold sowie unterschiedliche Felle und Pflanzen, bemerkbar. Alle paar Meter kann irgendwas aufgesammelt werden, sodass das Inventar recht zügig gefüllt ist und kein Ressourcenmangel entsteht. Das ist spürbar mehr geworden als noch in den Vorgängern. Da kaum mehr Pfeile herumliegen, müssen diese mit Stoff und Holz selbst hergestellt werden, was sogar noch recht sinnvoll erscheint. Unmittelbar vor einem drohenden Kampf sind normalerweise ausreichend Munition oder die passenden Ressourcen vorzufinden.
Vier unterschiedliche Pflanzen können jeweils für einen eigenen Effekt genutzt werden, sofern freigeschaltet. Dazu gehört die sofortige Heilung, die vor allem in hitzigen Gefechten erforderlich ist, bei denen die langsamere Selbstheilung nicht ausreicht. Ausdauer reduziert den Schaden, den Lara in Kämpfen erleidet, Konzentration verlangsamt beim Anvisieren von Gegnern diese durch eine Art Bullet-Time und Wahrnehmung hebt Feinde und Ressourcen hervor, ähnlich wie beim Überlebensinstinkt nur etwas anders dargestellt, mit einem längeren Effekt und auch für diejenigen, die einen Schwierigkeitsgrad ohne Überlebensinstinkt gewählt haben.
Weitere Ressourcen dienen dazu, Outfits herzustellen, Waffen upzugraden oder durch den Verkauf Geld für andere Waffen und Ausrüstungsgegenstände zu erhalten. Doch wozu eigentlich? Als Waffe halte ich den Bogen für mehr als ausreichend, selbst bei größeren Gegnermassen. Notfalls wird dort mit den Pflanzen für Ausdauer und Konzentration nachgeholfen. Die Pistole ist jedenfalls nicht viel effektiver und die Schrotflinte habe ich in erster Linie verwendet, um einige Absperrungen „aufzuschießen“. In einigen Gebieten steht ohnehin nur der Bogen zur Verfügung. Komplette Outfits bieten leichte Vorteile, für mich allerdings nicht spürbar.
Ähnliches gilt für die Fähigkeiten, die an den Basislagern freigeschaltet werden können, wenn durch die gesammelten Erfahrungspunkte ausreichend Fähigkeitspunkte gesammelt wurden. Die Fähigkeiten sind in die drei Kategorien Sucher, Krieger und Sammler eingeteilt. Somit abgesehen von der Optik ziemlich ähnlich zu Rise of the Tomb Raider. Die eine oder andere Fähigkeit erweist sich im Spielverlauf als nützlich, doch eine Vorfreude wie bei einigen Rollenspielen, mit dem nächsten Upgrade einen besonderen Vorteil zu haben, kommt nicht auf.
Wer nicht unbedingt auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad spielt, ist auf besonders starke Bewaffnung, den Outfits mit zusätzlichen Vorteilen sowie die vielen Fähigkeiten nicht sonderlich angewiesen und kann sich das ständige Aufsammeln von Ressourcen gerne sparen. Lediglich für die Herstellung von Pfeilen und hin und wieder für die Pflanzen ist da Crafting noch sinnvoll.
Rätsel und optionale Herausforderungsgräber
Ein Kritikpunkt von Tomb Raider waren die wenigen Gräber und Rätsel. In Shadow of the Tomb Raider gilt es nach einem sanften Beginn mit leichtem Tutorial-Charakter bereits recht früh erste Rätsel zu lösen. So einfach und offensichtlich wie ein paar Loren zu schieben, nachdem weitere Vorbereitungen getroffen wurden, ist es jedoch nicht durchgehend.
Genau ins Schwarze haben die Entwickler bei der Auswahl der Schwierigkeitsgrade getroffen. Anstatt pauschal eine Stufe auszuwählen, darf differenziert die jeweilige Schwierigkeit in drei Stufen für Kämpfe, Gelände und Rätsel gewählt werden. So lassen sich Kampf- und Geländeschwierigkeit erhöhen, ohne dabei bei den Rätseln auf Hinweis von Lara und ihrem Überlebensinstinkt verzichten zu müssen. Durch die individuelle Anpassung lässt sich Frust gut vermeiden.
Häufiger gilt es Rätsel zu lösen, die mal kleiner ausfallen oder durch umfangreiche Kletterpartien und samt mehreren Interaktionen, die erst weitere Bestandteile der Umgebung zugänglich machen, deutlich mehr Zeit, Überlegung und Geschick erfordern. Herumprobieren samt tödlicher Stürze gehört dabei irgendwie dazu, ohne dass es frustrieren wird. Hierbei sind vor allem die häufigen automatischen Speicherungen dankbar, sodass nur selten längere Passagen zu wiederholen sind.
Bei normaler Schwierigkeit ist der Überlebensinstinkt mit der Hervorhebung relevanter Objekte eine gute aber nicht zu starke Hilfe. Zusätzlich teilt Lara mit, was sie erreichen möchte. Nur das „wie“ gilt es dabei herauszufinden. Unfair ist es nie, es darf aber gerne mal etwas Zeit in Anspruch nehmen, ehe sich der korrekte Lösungsweg offenbart oder vielleicht auch nur zufällig entdeckt wurde.
Gefühlt ist der Anteil an Rätsel im normalen Spielverlauf gestiegen. Zusätzlich existieren aber weiterhin neun optionale Herausforderungsgräber, die für das Durchspielen nicht erforderlich sind und außer Acht gelassen werden dürfen. Die unterschiedlich gestalteten Gräber bringen zusätzlichen Spielspaß, können auch zu späteren Zeitpunkten aufgesucht werden und belohnen mit der Freischaltung einer neuen Fähigkeit.
Stealth oder Action – nicht immer die freie Wahl
Ob ein Abschnitt schleichend mit lautlosen Kills oder ganz offensiv mit Feuerwaffen absolviert wird, darf hin und wieder selbst entschieden werden, eine komplette spielerische Freiheit existiert hingegen nicht. Dies liegt vor allem daran, dass in mancher Situation einfach keine Stealth-Variante vorgesehen ist und direkt größere Gegnermengen anstürmen.
Als Neuerung bei der lautlosen Vorgehensweise wurde die Schlammtarnung eingeführt. Zu Beginn einiger Gebiete, bei denen die Entwickler Schlammlöcher platziert haben, darf sich Lara mit Schlamm besudeln, um sich besser in bestimmten Bereichen tarnen zu können. Eine Zeit lang ist ihre Kleidung und Haut entsprechend dreckig. Dies ist nicht von Dauer, sodass Lara nach einiger Zeit wieder langsam sauber wird. Sicherlich nicht realistisch, aber wer möchte sich schon die ganze Zeit eine schmutzige Lara ansehen?
Mit Schlamm bedeckt kann sich Lara vor allem an mit Ranken bewachsenen Wänden oder im Geäst verstecken. Die restliche Vorgehensweise ist bekannt. Aus der Deckung heraus oder nach vorsichtigem Anschleichen lassen sich die Gegner mit der Kletteraxt erledigen. Die Leichen können nicht manuell versteckt werden, aber bei einer Tötung aus dem Gebüsch oder Gras heraus, zieht Lara die Körper selbst beiseite. Mithilfe von Seilpfeilen besteht – die passende Fähigkeit vorausgesetzt – die Möglichkeit, Gegner auch direkt mit dem Pfeil zu töten, nach oben in einen Baum zu verfrachten und am Ast zu wickeln.
Herumliegende Gegenstände dienen entweder der Ablenkung oder können beispielsweise kurzerhand zum Molotowcocktail oder zur (Rauch-)Granate umfunktioniert werden. Die primäre Waffe ist weiterhin der Bogen, der mit einem schnellen Schuss in den Kopf lautlos die Feinde eliminieren kann – sofern sie gerade keinen Schutzhelm tragen. Ein Spezialpfeil enthält ein bestimmtes Gift, das die Gegner verwirrt und wild um sich schießen lässt und dabei auch andere Feinde töten kann. Sofern Lara nicht entdeckt wird, existieren eigentlich genügend Möglichkeiten, Areale ohne direkte Konfrontation mit dem Gegner zu meistern. Symbole über den Köpfen der Gegner visualisieren dabei, ob sie gesehen wurde oder nicht. Im Falle eines Alarms ist es zwar schwer, aber nicht unmöglich, erneut ein gutes Versteck aufzusuchen und abzuwarten. Die Feinde sind damit zwar weiterhin aufmerksam und suchen auch gerne mal im Gras, doch die akute Gefahr ist fürs Erste gebannt, sodass weitere, lautlose Kills möglich sind.
Gelungene PC-Umsetzung
Seit 1999 kümmert sich Nixxes Software bereits um Portierungen von Spielen aus den zu Square Enix gehörenden Studios, darunter auch Tomb Raider und zuletzt Deus Ex: Mankind Divided. Gleiches gilt für Shadow of the Tomb Raider, das die Niederländer für den PC portiert und schon in den ersten Tagen nach dem Release mit Patches gepflegt haben.
Shadow of the Tomb Raider sollte zu den ersten Spielen gehören, das sowohl Real-Time Raytracing und Deep Learning Super-Sampling (DLSS) unterstützten wird. Profitieren können damit vorerst nur Besitzer der neuen Turing-Grafikkarten von Nvidia, doch zum Zeitpunkt unseres Tests waren beide Technologien nicht im Spiel verfügbar und werden voraussichtlich noch per Patch nachträglich hinzugefügt.
Außerdem auf der Feature-Liste: HDR, Tobii Eye Tracking, Nvidia Highlights und Nvidia Ansel. Nvidia Highlights zeichnet dabei kurze Videos auf, wenn eine Steam-Errungenschaft absolviert wurde, während Nvidia Ansel die Möglichkeit bietet, Screenshots aufzunehmen und direkt mit einigen Effekten zu versehen. Dies ist jedoch nicht unbedingt erforderlich, denn Shadow of the Tomb Raider bietet bereits von Haus aus einen Foto-Modus mit gleicher Funktionalität.
Unterstützung für stereoskopisches 3D ist gegeben, doch der Einsatz von Nvidia 3D Vision ist mit einigen Hindernissen verbunden. Es funktioniert nur mit DirectX 11, exklusivem Vollbildmodus und vorzugsweise wird es nicht im Launcher, sondern erst im Spiel aktiviert. Mit Pech schaltet sich 3D im Sekundentakt so lange ein und aus, ehe die Übelkeit siegt und das Spiel kurzerhand über den Taskmanager abgeschossen wird. Mit Glück darf allerdings ein recht schönes 3D-Erlebnis genossen werden.
Die Systemanforderungen sind nicht ganz ohne, aber immerhin war es mit einer GTX 1070 bei vollen Details und SMAAT2x ohne Probleme möglich, konstant mit über 60 Bildern pro Sekunde bei einer Full-HD-Auflösung zu spielen. Für höhere Auflösungen bräuchte es entsprechend potentere Grafikkarten, wobei offenbar selbst eine RTX 2080 Ti bei maximalen Details keine 60 Bilder pro Sekunde schafft. Beim Ausprobieren der Konfiguration unterstützt der integrierte Benchmark-Modus.
Bei der Steuerung gibt sich das Spiel eigentlich auch keine Blöße. Die Steuerung mit Maus und Tastatur funktioniert tadellos. Ein Manko gibt es allerdings: Bei der Untersuchung von Artefakten unterstützt das Gamepad wie schon bei Rise of the Tomb Raider mit Vibrationen. Dort existierte bei der Steuerung mit der Maus noch ein akustisches Feedback, welches nun leider komplett fehlt.